Verschärfung des Jugendschutzes Nur noch mit Eltern auf die Party?

Berlin · Jugendliche sollen nach Plänen von Bundesfamilienministerin Kristina Schröder (CDU) künftig offenbar keine Abendveranstaltungen mehr besuchen dürfen, bei denen Alkohol ausgeschenkt wird – es sei denn, sie werden von ihren Eltern begleitet. FDP und Grüne halten davon gar nichts.

Fakten aus dem deutschen Drogen- und Suchtbericht 2011
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Foto: ddp

Jugendliche sollen nach Plänen von Bundesfamilienministerin Kristina Schröder (CDU) künftig offenbar keine Abendveranstaltungen mehr besuchen dürfen, bei denen Alkohol ausgeschenkt wird — es sei denn, sie werden von ihren Eltern begleitet. FDP und Grüne halten davon gar nichts.

Dies geht aus einem internen Papier des Familienministeriums hervor, von dem die "Bild am Sonntag" berichtet. Das Wirtschaftsministerium soll den Plänen widersprochen haben.

Eine Sprecherin des Familienministeriums bestätigte die Pläne allerdings nicht. Es gebe dazu noch nicht einmal einen ersten Gesetzentwurf und daher auch noch keine Abstimmung mit anderen Ministerien. Zu den internen Plänen des Ministeriums wollte sich die Sprecherin nicht äußern.

Bislang gilt ein Aufenthaltsverbot für Jugendliche nach 20 Uhr nur für Diskotheken. Sollte Familienministerin Schröder ihre Pläne umsetzen, wären davon künftig auch Vereinsfeiern und große Konzertveranstaltungen betroffen.

Grüne und FDP äußerten sich kritisch zu den bekannt gewordenen Plänen des Familienministeriums. "Wir wollen einen Jugendschutz mit Augenmaß", sagte die familienpolitische Sprecherin der FDP-Fraktion im Bundestag, Miriam Gruß, unserer Redaktion.

Ein generelles Besuchsverbot für Abendveranstaltungen sei "kein geeignetes Mittel, das Komasaufen einzudämmen". Gruß sprach sich zudem dafür aus, dass die Verantwortung für die Anwesenheit der Jugendlichen bei den Veranstaltern und bei den Eltern bleiben solle.

Auch die FDP-Jugendorganisation Junge Liberale (Julis) fühlt sich durch die Pläne auf die Füße getreten: "Es wäre einfach zu viel verlangt, von Ministerin Schröder ein durchdachtes Konzept zur Prävention von Alkoholmissbrauch unter Jugendlichen oder zum im Koalitionsvertrag geforderten besseren Jugendschutz zu erwarten", giftete Julis-Chef Lasse Becker. Der Vorschlag sei "Blödsinn".

Kritik kommt auch von den Grünen. Unter 16-Jährige "gänzlich von Abendveranstaltungen auszuschließen, weil dort für ältere Besucher auch Alkohol ausgeschenkt wird, ignoriert die Freizeitbedürfnisse der jungen Menschen", sagte der jugendpolitische Sprecher der Grünen, Ulrich Schneider. Ziel guter Jugendpolitik sollte sein, Barrieren abzubauen, die Jugendlichen die Teilnahme am öffentlichen Leben erschwerten, sagte er. Die Überlegungen aus dem Familienministerium seien realitätsfern.

Zudem soll das Alter der Begleitpersonen angeblich von derzeit 18 auf 21 Jahre heraufgesetzt werden. "Da dürfte eine 20-Jährige zwar Wodka kaufen, aber nicht ihren 13-jährigen Bruder bei einem Kinderfilm um 19 Uhr ins Kino begleiten", zitierte dazu die Süddeutsche Zeitung den jugendpolitischen Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Florian Bernschneider. "Solch unsinnige Regelungen" lehne die FDP ab.

Während der gezielt übermäßige Alkoholkonsum ("Komasaufen") einer kleinen Gruppe von Jugendlichen den Suchtpolitikern weiter große Sorge bereitet, ist dem aktuellen Drogen- und Suchtbericht der Bundesregierung zufolge der Alkoholkonsum bei Heranwachsenden insgesamt wieder auf dem Rückzug. Regelmäßig zur Flasche greifen 14,2 Prozent der Jugendlichen zwischen zwölf und 17 Jahren. 2001 waren es noch 17,9 Prozent.

Zur Stärkung des Jugendschutzes setzt das Familienministerium vor allem auf Aufklärung und Beratung. Experten fordern dagegen seit Langem verstärkte Kontrollen und Sanktionen, wenn Händler an Jugendliche hochprozentige Getränke verkaufen. Auch ein verstärkter Einsatz jugendlicher Testkäufer kommt immer wieder ins Gespräch. Verkaufsverbote in der Nacht sind ebenfalls in der Diskussion — bisher gibt es sie nur in Baden-Württemberg.

(RP/dapd/pst/rm/jre)
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