Interview mit Ärztepräsident Montgomery "Krankenkassen machen Kampagne gegen Ärzte"

Interview Ärztepräsident Montgomery wirft den gesetzlichen Krankenkassen vor, die Ärzteschaft als "mafiös" darzustellen

Wenn Themen wie Ärzte-Fehler und Korruption auf die Tagesordnung kommen, reagieren die Ärzte zunehmend aggressiv . . .

Montgomery Das ist richtig. Wir betrachten mit großer Sorge, wie die gesetzlichen Krankenkassen mit vielen ungerechtfertigten Vorwürfen Kampagne gegen die Ärzte machen. Ein Beispiel dafür war die Veröffentlichung einer unfertigen Studie über Korruption im Gesundheitswesen. Die Krankenkassen meinen, ihren guten Partner Ärzteschaft verprellen zu müssen, indem sie andauernd Vorwürfe erheben, Ärzte seien korrupt und kriminell. Die Krönung ist, dass eine Krankenkasse nun einen Fahnder eingestellt hat, der sich damit rühmt, er habe früher Terroristen gejagt und jage nun Ärzte.

Das heißt, es herrscht mittlerweile Eiszeit zwischen Krankenkassen und Ärzten?

Montgomery Wenn Krankenkassen sich darauf verlegen, Ärzte zu jagen, dürfen sie sich nicht wundern, dass die Ärzte auch auf deren zahlreiche Fehler hinweisen, zum Beispiel bei der Bewilligung von Patienten-Anträgen. Deshalb appelliere ich: Lasst die Kirche im Dorf. Die deutschen Ärzte sind nicht korrupt, auch wenn es hin und wieder Probleme gibt.

Gibt es eine gesellschaftliche Stimmung gegen Ärzte?

Montgomery Es gibt da eine erstaunliche Zweiteilung der Meinung. 85 Prozent der Menschen sind persönlich mit ihrem Arzt vollkommen zufrieden. Die Krankenkassen versuchen aber, eine Stimmung zu erzeugen, dass die Ärzteschaft insgesamt mafiös sei.

Wie wollen Sie gegensteuern?

Montgomery Mit Fakten: Wir haben rund eine Milliarde Patient-Arzt-Kontakte pro Jahr. Hinzu kommen 18 Millionen Krankenhausfälle und 17 Millionen Operationen. Wenn man dagegen die geringe Zahl von Korruption sieht, dann ist die Berufsgruppe der Ärzte sicherlich weniger korrupt als viele andere.

Immer mehr Politiker halten das System der Privaten Krankenversicherung für nicht überlebensfähig. Was bedeutet der Trend für die Ärzte?

Montgomery Die PKV in ihrer vollen Bandbreite ist nicht uneingeschränkt überlebensfähig. Das gilt aber auch für die gesetzliche Krankenversicherung. Dort beobachten wir seit Jahren einen Konzentrationsprozess. Das heißt, es verschwinden Unternehmen vom Markt. Auch die PKV wird ihr Geschäftsmodell überprüfen müssen. Ich bin aber fest davon überzeugt, dass gerade der Wettbewerb zwischen GKV und PKV dafür sorgt, dass unser Gesundheitssystem qualitativ so gut ist.

Die PKV dringt mittlerweile auch auf Preisnachlässe, die im GKV-System möglich sind . . .

Montgomery Die PKV macht hin und wieder den Fehler, dass sie vom Staat die gleichen Preisvorteile verlangt, wie sie die gesetzlichen Kassen haben. Die PKV möchte zugleich keine Freiheiten abgeben. Bei den Versicherungssystemen gilt aber: Vollbart oder glatt rasiert. Deshalb warnen wir die PKV davor, den Weg der Gesetzlichen zu gehen. Je mehr sich die PKV der GKV annähert, desto mehr muss sie ertragen, dass der Staat zu einem Mitbestimmer und Aufsichtsführer wird.

Die Befürworter argumentieren, sie wollten die Zwei-Klassen-Medizin abschaffen.

Montgomery Genau diese Argumentation ist verlogen. Denn das Gegenteil wird geschehen. Wenn es zu einer Einheitsversicherung kommt, werden Sie nicht verbieten können, dass sich die Menschen zusätzlich versichern. Das heißt, die Bürgerversicherung ist der Turbo-Lader in die Zwei-Klassen-Medizin.

(qua)
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