Drohende Klagewelle NRW ist Schlusslicht bei Kita-Ausbau

Berlin · Den Kommunen in Nordrhein-Westfalen droht im nächsten Jahr eine Klagewelle wegen fehlender Betreuung für Kleinkinder. "Es wird sicherlich eine Reihe von Städten geben, die vielleicht mit Mühe die Quote von 32 Prozent schaffen, aber dennoch die Nachfrage der Eltern nicht erfüllen können", sagte der Chef des Städte- und Gemeindebundes, Gerd Landsberg, unserer Redaktion.

Für etwa jedes vierte Kind unter drei Jahren gibt es derzeit in NRW ein Betreuungsangebot. Rund 84.500 Kleinkinder besuchen eine Kita, 32.600 werden von Tagesmüttern versorgt. Um das Ziel einer 32-Prozent-Quote für 2013 zu erreichen, müssen nach Auskunft des NRW-Familienministeriums noch weitere 27.000 Plätze geschaffen werden.

Bundesweit ist Nordrhein-Westfalen mit einer Betreuungsquote von rund 26 Prozent beim Krippenausbau Schlusslicht. Allerdings hat das Familienministerium nun eine "Taskforce" eingerichtet, die helfen soll, bürokratische Hürden zu überwinden und die Erteilung von Betriebsgenehmigungen zu beschleunigen.

Im Jahr 2007 ging das Deutsche Jugendinstitut davon aus, dass eine Betreuungsquote von 32 Prozent den Bedarf im bevölkerungsreichsten Bundesland deckt. In Großstädten wie in Düsseldorf, Köln oder Essen schätzen die Verantwortlichen allerdings, dass mittlerweile 60 Prozent der Eltern einen Krippenplatz wünschen. In ländlichen Gebieten berichten die Kommunen teilweise, dass die Nachfrage nach Krippenplätzen deutlich unter 30 Prozent liege — so etwa im niederrheinischen Sonsbeck.

Während Länder und Kommunen unter großer Mühe den Ausbau der Kinderbetreuung stemmen, wird in Berlin über die Ausrichtung der Familienpolitik gestritten. Wegen der weiter sinkenden Geburtenzahlen fordern mittlerweile eine Reihe von Politikern der schwarz-gelben Koalition eine Überprüfung des Elterngeldes. "Wir dürfen keine ideologischen Scheuklappen haben", sagte die familienpolitische Sprecherin der FDP-Fraktion, Miriam Gruß, unserer Redaktion: "Es gibt Familienleistungen, die sich widersprechen." Alle Leistungen müssten auf den Prüfstand: "Wir brauchen eine familienpolitische Gesamtstrategie."

Die Opposition wies eine Überprüfung des Elterngeldes empört zurück. Die Union stufe das Elterngeld zu einer "reinen Gebärprämie" herab, kritisierte der Parlamentarische Geschäftsführer der Grünen im Bundestag, Volker Beck. Die SPD forderte Planungssicherheit für Eltern. SPD-Parlamentsgeschäftsführer Thomas Oppermann verlangte von der Union eine Klärung der Zukunft des Elterngeldes noch vor der Bundestagswahl.

(qua)
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