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Kompromiss zur Sicherungsverwahrung Länder sehen noch viele Schwachstellen

Berlin (RPO). Das Vorhaben der Bundesregierung, bislang sicherungsverwahrte Straftäter auch künftig in geschlossenen Einrichtungen unterzubringen, ist bei den Ländern auf Skepsis gestoßen. Der Chef der Deutschen Polizeigewerkschaft, Rainer Wendt, rief die Länder hingegen auf, sich um die Umsetzung zu kümmern anstatt zu nörgeln.

Kompromiss zur Sicherungsverwahrung: Länder sehen noch viele Schwachstellen
Foto: ddp

Aus mehreren Ländern kommt Widerstand gegen den Kompromiss der Bundesregierung zur Sicherungsverwahrung. Nordrhein-Westfalen, Berlin, Sachsen-Anhalt und Hamburg meldeten am Freitag Bedenken an und bezeichneten die Pläne als unausgereift. Vorbehalte gegen die Regierungspläne äußerten aber auch Kriminologen, Rechtspsychologen und Vertreter aus dem Strafvollzug.

Europäische Gerichtshof löste Lawine aus

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hatte die bisher praktizierte Form der nachträglichen Sicherungsverwahrung für menschenrechtswidrig erklärt. Deshalb ist eine Neuregelung nötig. Union und FDP hatten in den vergangenen Monaten heftig darum gestritten. Nun einigten sich die Koalitionäre, dass rückfallgefährdete und psychisch kranke Gewalttäter künftig nach der Haft in neuen, speziellen Einrichtungen therapiert werden sollen.

Der Vorsitzende der Justizministerkonferenz der Länder, Hamburgs Justizsenator Till Steffen (Grüne), stellte in Frage, "ob der jetzt gefundene Kompromiss den Vorgaben des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte entspricht". Auch seine Berliner Amtskollegin Gisela von der Aue (SPD) sagte, es seien noch viele Fragen offen. So fehle eine Definition, was unter einem psychisch gestörten Gewalttäter zu verstehen sei. Die meisten Sicherungsverwahrten seien bei ihrer Verurteilung schuldfähig gewesen und würden nicht als psychisch krank eingestuft.

"Rechtliche Gratwanderung"

Sachsen-Anhalts Justizministerin Angela Kolb (SPD) sprach von einer "rechtlichen Gratwanderung" und beanstandete ebenfalls, Detailfragen seien noch unbeantwortet. Der nordrhein-westfälische Ressortchef Thomas Kutschaty (SPD) bezeichnete die Einigung als "fragwürdiges Konstrukt" und beklagte: "Alle Lasten und Kosten werden den Ländern aufgebürdet." Es sei aber nicht von ihnen zu erwarten, "dreistellige Millionenbeträge für nicht näher definierte Sicherungsanstalten" auszugeben, wenn das "ernsthafte Risiko" bestehe, dass die Regelung vor Gericht wieder gekippt werde.

Der Polizeigewerkschafter Wendt wies die Länder zurecht und forderte, sie müssten nun gemeinsame Unterbringungen organisieren. Die Länder hätten die Zuständigkeit für diese Frage gewollt. "Jetzt sollen sie auch ihren Job machen, statt als Oberbedenkenträger weiter auf Zeit zu setzen und die Sicherheit in unserem Land zu beschädigen." Einige Länder - darunter Hessen, Baden-Württemberg und Niedersachen - kündigten eben dies an und stellten ein gemeinsames Konzept in Aussicht.

Scholz: "Ein gutes Zeichen"

Die SPD im Bund signalisierte vorsichtige Zustimmung zu den schwarz-gelben Plänen. SPD-Fraktionsvize Olaf Scholz wertete die Einigung als "gutes Zeichen". Zwar seien leider noch Details offen. Sollte der endgültige Entwurf den rechtlichen Anforderungen aber entsprechen, werde die SPD diesen unterstützen.

Die Linke und die Grünen auf Bundesebene brachten dagegen ähnliche Einwände wie die skeptischen Länder. Der Linke-Politiker Wolfgang Neskovic bezeichnete den Kompromiss als "Nullnummer", die "ins Leere" gehe. Der Grünen-Rechtsexperte Jerzy Montag sprach von einer "Mogelpackung", die "undurchdacht und unverständlich" sei.

Zweifel an dem Konzept äußerten auch Experten. Der Greifswalder Kriminologe Frieder Dünkel bezeichnete die Koalitionspläne als "abenteuerlich" und "unausgegoren". Die Sicherungsverwahrung werde durch die neue Unterbringung nur umetikettiert. Der Rechtspsychologe Steffen Dauer kritisierte, die geplante Regelung sei zu "schwammig". Auch der Bund der Strafvollzugsbediensteten Deutschlands kanzelte den Vorschlag als "völlig unzureichend und überhastet" ab.

(DDP/csi)
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