AKW-Debatte zweitrangig Die Energie der Zukunft ist teuer

Düsseldorf (RPO). Politik und Bürger sind sich einig: Unsere Stromversorgung soll bezahlbar, umweltfreundlich und sicher sein. Leider handelt es sich dabei um die Quadratur des energiepolitischen Kreises. Fest steht nur eins: In Zukunft werden wir alle draufzahlen müssen. Die Frage der Laufzeitverlängerung von Atomkraftwerken ist da gar nicht so wichtig. Zu diesem Schluss kommen auch die Gutachter der Regierung.

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Foto: AP

Ende April war es soweit. 45 Kilometer vor der Küste der Nordseeinsel Borkum hatte sich Prominenz angesagt. Bundesumweltminister Norbert Röttgen, der damalige Eon-Chef Wulf Bernotat sowie seine Kollegen von Vattenfall Europe und EWE hatten sich versammelt, um den Startschuss für Alpha Ventus zu geben. Hinter dem Namen verbirgt sich der erste Hochsee-Windpark in deutschen Hoheitsgewässern. Zwölf Windenergieanlagen der Fünf-Megawatt-Klasse stehen in 30 Meter Wassertiefe und liefern - zumindest zeitweise - Strom ans Festland.

Alpha Ventus ist aber nur der Anfang einer Revolution in der Energieversorgung. Experten sagen der Offshore-Produktion von Strom eine große Zukunft voraus. Umweltminister Norbert Röttgen setzt - Diskussion um längere Laufzeiten hin oder her - auf den Strom von der Waterkant, wie er seinerzeit sagte: "Die Nutzung der Windenergie wird die zentrale Rolle im Energiemix der Zukunft spielen. Offshore-Windparks sind dabei eine entscheidende Größe."

2030 sollen die Erneuerbaren Energien, so das Leitszenario des Umweltministeriums, mit 318 Terrawattstunden pro Jahr bereits 66 Prozent des Strombedarfs abdecken. Den größten Anteil davon wird die Offshore-Windkraft, die heute praktisch noch keine Rolle spielt, beitragen.

Aber: Der Bau von Windkrafträdern im offenen Meer und möglichst außerhalb der Sichtweite von der Küste ist teuer. Die Technologie ist noch nicht vollkommen ausgereift, hier wird Pionierarbeit geleistet. Außerdem muss die notwendige Infrastruktur aufgebaut werden, um Strom mit möglichst geringen Verlusten in den Süden zu transportieren. Auch Technologien zur Speicherung von Energie müssen entwickelt werden.

Das alles kostet Geld. Der Siegeszug der Erneuerbaren Energien - so richtig er im Grundsatz auch sein mag - ist teuer. Die Privatverbraucher müssen schon jetzt zahlen, der finanzielle Aderlass wird weiter zunehmen. Das ist die Schattenseite des Erneuerbare Energien Gesetzes (EEG), das ursprünglich im Jahr 2000 von der rot-grünen Regierung unter Gerhard Schröder auf den Weg gebracht wurde.

Der Kernpunkt des Gesetzes sind die Einspeisevergütungen. Die sind notwendig, weil Erneuerbare Energien eigentlich unrentabel sind. Im Vergleich zu konventionellen Energieträgern kostet die Stromproduktion pro Kilowattstunde deutlich mehr. Diese Differenz zwischen Markt- und Erzeugerpreis wird über eine Umlage erstattet.

Das ist ein lukratives Geschäft. Für eine Kilowattstunde Strom aus Offshore-Windproduktion gibt es einen Zuschuss von 15 Cent. Noch besser sieht es bei der Solarförderung aus - trotz der jetzt geplanten Kürzungen. 2009 gab es hier 43 Cent - deswegen gehen viele Häuslebauer unter die Stromproduzenten. Zum Vergleich: Eine Kilowattstunde Standard-Strom kostet inzwischen über 20 Cent. Bis die Kosten auf einem ähnlichen Niveau sind (Grid Parity), werden noch einige Jahre vergehen.

Bis dahin muss jeder Stromkunde für diese Einspeisevergütung in die Tasche greifen: Im letzten Jahr waren dies 1,2 Cent pro Kilowattstunde. Bis Mitte des Jahrzehnts soll sich die Umlage auf 2,7 bis 2,9 Cent erhöhen. Manche Experten rechnen sogar mit bis zu 3,5 Cent. 2016 müssen die Verbraucher die Erneuerbaren mit 11,1 Milliarden Euro subventionieren, schreiben führende Forschungsinstitute in einer Studie für das Bundesumweltministerium.

Nach dem Höhepunkt in der Mitte der Dekade sollen die Umlagen dann wieder sinken, bevor sie nach 2030 in Richtung Null tendiert — wenn alles so läuft, wie in den Szenarien geplant ist. Preissteigerungen der Erzeuger sind da noch nicht mit eingerechnet.

Das ist noch nicht ganz sicher, auch wenn das Gutachten um Laufzeitverlängerungen für Atomkraftwerke an diesen Szenarien nicht viel ändern wird. Die Energiegutachten im Auftrag der Bundesregierung kommen offenbar zu dem Schluss, dass ein solcher Schritt unnötig ist.

Ein Verzicht hierauf habe weder nennenswerten Einfluss auf die Strompreise noch auf die Versorgungssicherheit, berichtet das "Handelsblatt" unter Berufung auf Regierungskreise.

Allerdings seien dann erhebliche Stromimporte aus dem benachbarten Ausland erforderlich. Aber bei der Stromversorgung gilt wie im richtigen Leben: Man kann nicht alles haben.

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