Finca, Privatjet, Golfen Hat Wowereit "gewulfft"?

Berlin · Berlins Regierender Bürgermeister gerät wegen eines Gratis-Urlaubs und kostenlosen Flügen in die Kritik. Alles privat, betont Klaus Wowereit. Doch wann ist ein Politiker wirklich Privatmensch?

Lärmender Protest bei Wulffs Zapfenstreich
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Es wirkt fast wie ein Déjà-vu: Urlaub in der Finca eines "Partykönigs", kostenlose Mitflüge im Privatjet. Droht der Berliner Landespolitik eine Neuauflage der Wulff-Affäre - mit dem Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit als Hauptdarsteller? Ja, er habe Einladungen angenommen, gibt der SPD-Politiker am Dienstag zu.

Allerdings als Privatmann. Von Vorteilsnahme könne keine Rede sein, da er keine geschäftlichen Beziehungen zu seinen Gastgebern pflege. Und ab und zu auch mal "Privatmensch" zu sein, "das lasse ich mir nicht nehmen".

Die Vorwürfe stehen im Raum: Erst musste Wowereit in der vergangenen Woche einen Gratis-Urlaub im Ferienhaus des umstrittenen Eventmanagers Manfred Schmidt zugeben, der unter - anderem wegen seiner Urlaubseinladungen - in der Affäre um den zurückgetretenen Bundespräsidenten Christian Wulff eine Rolle spielt. Jetzt sorgen zwei als privat bezeichnete Flüge Wowereits im Jet des Unternehmers und Ex-Bahnchefs Heinz Dürr für neuen Wirbel.

In den Jahren 2002 und 2003 war der Regierungschef zu Treffen internationaler Geschäftsleute beim Berlin Capital Club in London eingeladen, inklusive Golfspielen. "Es gibt auch schöne Einladungen", sagt Wowereit dazu. Deswegen habe er den Flug nicht als Dienstreise abrechnen wollen. Der SPD-Politiker nahm Dürrs Angebot an, in dessen Privatmaschine mitzufliegen - Dürr wäre "sowieso geflogen", sagt Wowereit.

Die Berliner Zeitung "B.Z." veröffentlichte die Rechnung für Flug und Übernachtung im Jahr 2002: 5625 Euro. Weil er schon damals Kritik befürchtete, spendete Wowereit nach eigener Aussage privat den Preis eines normalen Linienfluges in Höhe von 300 Euro an ein gemeinnütziges Projekt, um sich "nicht angreifbar zu machen".

"Heute würde ich das nicht mehr machen", sagt der Regierende Bürgermeister zu den Flügen und seinem Aufenthalt in der Finca des Eventmanagers Schmidt, den er als "sehr guten Bekannten" bezeichnet.

Vor allem aus der Opposition hagelt es seit Tagen Kritik. Schmidt sei nun einmal "kein einfacher Mittelständler aus Marienfelde, sondern das ist jemand, der mit Kontakten zu Politikern viel Geld verdient", sagte Grünen-Abgeordnete Dirk Behrendt der rbb-Welle "radioeins".

Auch wenn er rechtlich kein Probleme sehe, sei Wowereits Handeln politisch ungeschickt gewesen, kritisiert auch Jochen Bäumel von der Antikorruptions-Organisation Transparency International. Solange es keine geschäftlichen Beziehungen gebe, könne Wowereit privat besuchen, wen er wolle. "Trotzdem: Wenn ich Politiker bin, muss ich vorsichtiger sein." Ein Regierender Bürgermeister sei als Gast von Veranstaltungen vor allem interessant, weil er prominent sei.

Es sei schwierig zu sagen, wann er privat sei, gibt Wowereit zu.
"Ich bin nicht so naiv, zu glauben, dass alle Einladungen nur den Menschen Klaus Wowereit meinen und die Leute mir begegnen wollen, weil ich so ein netter Kerl bin." Bald aber herrsche für Politiker ein Klima, in dem normale gesellschaftliche Kontakte nicht mehr möglich seien.

Eine "spießige Neidkultur, die ein bisschen peinlich ist", nennt das die PR-Unternehmerin Alexandra von Rehlingen. "Ich verstehe einfach nicht, dass der Mann nicht Ferien machen kann, wo er möchte."

Jeder sei schließlich schon mal eingeladen gewesen - es dürfe nur kein anrüchiger Auftrag folgen. Das ganze "Bohei" um die Schmidt-Events sei lächerlich. Lachen muss am Schluss auch Wowereit: "Herr Dürr hat immer auf mich eingeredet, dass ich den Flughafen Tempelhof offen lasse" - da hätten dessen Kontakte offensichtlich nichts genutzt.

(dpa)
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