Verfahren vorm Bundesverwaltungsgericht Städtetag erwartet Fahrverbote für Dieselfahrzeuge

Berlin/Düsseldorf · Der Deutsche Städtetag rechnet damit, dass die hohe Belastung durch Stickoxide zu Fahrverboten für Dieselfahrzeuge in Städten führen wird. Durchsetzen lassen können die sich aber wegen fehlender Kontrolle wohl nicht, heißt es von den Polizeigewerkschaften.

Auspuffrohre eines Diesel-Pkw (Symbolbild).

Auspuffrohre eines Diesel-Pkw (Symbolbild).

Foto: dpa

"Ich würde mich wundern, wenn wir an Fahrverboten vorbeikommen würden", sagte Städtetags-Hauptgeschäftsführer Helmut Dedy dem "Spiegel". Dedy appellierte an die künftige Bundesregierung, eine blaue Plakette einzuführen. Damit könnten Autos mit besonders sauberen Dieselmotoren gekennzeichnet werden, die dann nicht von Fahrverboten betroffen wären. Die Verkehrspolitiker in Berlin scheuten die blaue Plakette bislang "wie der Teufel das Weihwasser", beklagt Dedy. Das habe aus seiner Sicht "mit einer zu großen Zurückhaltung gegenüber der Autoindustrie zu tun".

Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig werde mit hoher Wahrscheinlichkeit Fahrverbote in Kommunen mit überhöhten Stickoxidbelastungen für zulässig erklären, sagte Dedy. Das Gericht verhandelt am kommenden Donnerstag über die von Vorinstanzen erhobene Verpflichtung, die Luftreinhaltepläne von Stuttgart und Düsseldorf zu verschärfen und dort auch Einfahrtverbote für Dieselfahrzeuge mit hohem Stickoxidausstoß durchzusetzen. Beide Städte können die europaweit vorgegebenen Grenzwerte für Feinstaub nicht einhalten.

Auch die EU-Kommission droht mit einer Klage gegen Deutschland, wenn die Luftverschmutzung in den Städten nicht wirksamer bekämpft wird. Ohne eine blaue Plakette wären die Fahrverbote für schmutzige Diesel nach Ansicht des Städtetags jedoch kaum wirksam zu kontrollieren.

"Autoindustrie darf nicht aus der Verantwortung gelassen werden"

Der Bund der Steuerzahler forderte eine angemessene Beteiligung der Autoindustrie an den Kosten von Dieselmotoren-Umrüstungen. "Die Autoindustrie darf hier nicht aus der Verantwortung gelassen werden", sagte der Präsident des Steuerzahlerbundes, Reiner Holznagel, unserer Redaktion. "Deshalb muss bei einer Förderung die Autobranche angemessen zur Problemlösung beitragen", sagte Holznagel weiter. "Im Mittelpunkt der Debatte muss der geschädigte Kunde stehen."

Eine Expertenkommission hatte der Bundesregierung empfohlen, Hardware-Nachrüstungen für Dieselfahrzeuge ganz oder teilweise aus Steuermitteln zu finanzieren. Durch die Nachrüstung könnten die gesundheitsgefährdenden Stickoxid-Emissionen von Dieselmotoren der Klassen Euro 5 und 6 drastisch reduziert werden.

Etwaige Diesel-Fahrverbote wären aus Sicht der Polizeigewerkschaften wegen fehlender Kontrolle allerdings nicht durchzusetzen. "Wir müssen uns angesichts der Personaldecke auf Kernaufgaben beschränken", sagte der Vizechef der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Arnold Plickert, der "Welt am Sonntag". "Wer glaubt, dass wir solche Verbote dauerhaft durchsetzen können, der irrt." Denkbar seien bestenfalls Stichproben. Dabei mache es keinen Unterschied, ob Fahrverbote mit oder ohne Einführung einer neuen blauen Plakette erfolgten.

Auch die Deutsche Polizeigewerkschaft betonte, man habe nicht das Personal, um neben dem Schutz der Bevölkerung auch noch Fahrverbote durchzusetzen. "Wir haben keine Hundertschaften im Keller, die nur auf neue Aufgaben warten", sagte der Bundesvorsitzende Rainer Wendt der Zeitung. "Das ist nicht kontrollierbar und damit auch nicht durchsetzbar."

(wer)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort