Fahrplan zum Umbau der Wirtschaft Exklusive Details: Steinmeiers Deutschland-Plan

Berlin (RP). SPD-Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier will bis 2020 die Arbeitslosigkeit besiegen. Vier Millionen Jobs sollen in Öko-Branchen, Dienstleistung und Gesundheit entstehen. Die Union kritisiert die "vollmundigen Versprechen". Auszüge aus dem Plan liegen unserer Redaktion bereits vor.

Was die Presse von Steinmeiers Deutschlandplan hält
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Foto: ddp

Es ist kein Zufall, dass Frank-Walter Steinmeier seinen "Deutschland-Plan" heute auf einer Veranstaltung der Karl-Schiller-Stiftung präsentiert. In Anlehnung an den auch bei Konservativen angesehenen früheren SPD-Wirtschaftsprofessor, Superminister für Wirtschaft und Finanzen und Erfinder des Stabilitätsgesetzes will sich SPD-Kanzlerkandidat Steinmeier als weitsichtiger Wirtschaftsfachmann profilieren.

In dem 70-seitigen Konzept, das unserer Redaktion in Auszügen vorliegt, versucht der Merkel-Herausforderer das von Schiller als ewiges Ziel der Wirtschaftspolitik postulierte "magische Viereck" — hohe Beschäftigung, Preisstabilität, Wachstum und außenwirtschaftliches Gleichgewicht — in die heutige Zeit zu übersetzen.

Bis 2020 soll Vollbeschäftigung herrschen, verspricht Steinmeier nun mitten in der Krise. Vier Millionen neue Jobs sollen in der Öko-Industrie, in der Gesundheits- und Kreativwirtschaft sowie in den Dienstleistungen entstehen. Schon 2004 hatte ein führender Genosse bis 2010 Vollbeschäftigung versprochen. Gerhard Schröder hieß er, war Bundeskanzler und Steinmeier sein Kanzleramtschef. Das Ergebnis ist bekannt.

Dieses Mal soll alles anders sein. Steinmeiers Berater legen Wert darauf, dass der "Deutschland-Plan" nicht nur die Fehler der Krise aufarbeite, sondern substanzielle Ideen für Wachstum liefere und seriöse Daten verarbeite. Steinmeiers Wirtschaftsfachmann, Ex-McKinsey-Berater Markus Klimmer, arbeitet seit mehr als sechs Monaten an dem Papier.

Nach Informationen unserer Redaktion hat sich Steinmeier dafür auch Beratung aus der Praxis geholt. Er tauschte sich mit Wirtschaftsvertretern wie Ex-SAP-Chef Leo Apotheker und dem Gründer der "Stiftung Familienunternehmen", Brun-Hagen Hennerkes, aus. Forscher des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung lieferten Hintergründe und Analysen.

Herausgekommen ist ein weitgehender Fahrplan zum Umbau der Wirtschaft. Mit der ursprünglich nur als Arbeitstitel gedachten Überschrift "Deutschland-Plan" weisen die Autoren darauf hin, dass die Marktwirtschaft stärker eine staatliche Lenkung braucht. So soll etwa öffentliche Förderung (sprich Subventionen) von grünen Technologien eine "Effizienzrevolution" im Energiesektor auslösen und dieses Wissen in "klassischen" Industriezweigen wie Automobil, Stahl und Maschinenbau gewinnbringend eingesetzt werden.

Deutschland als "Silicon Valley umweltschonender Industrieproduktion", heißt das in dem Plan. Der ewige Wunsch der SPD, Ökologie und Ökonomie als Partner, gipfelt in dem Ziel, Deutschland zum "Ausrüster der Welt" zu machen. Heißt: Nicht nur Autos, Maschinen und Stahlwerke sollen Deutschlands Ruf als Exportweltmeister festigen, sondern der Verkauf von emissionsfreien Antriebstechnologien, IT-Software und Solartechnik.

Eine im Kanzleramt angesiedelte Expertengruppe, "Allianz für den Mittelstand", soll Wachstumspotenziale frühzeitig ausfindig machen. Das erinnert nicht zufällig an die "konzertierte Aktion" von Karl Schiller. Ein staatlicher Kredit-Beauftragter soll zudem zwischen Banken und Unternehmen vermitteln.

Fazit: Mehr Staat, wo nötig, und so viel Markt wie möglich. Steinmeier will einen gelenkten Kapitalismus. Politik soll nicht nur Regeln setzen, sondern sich in die Wirtschaftsstruktur einmischen. Ob der Staat überhaupt Beschäftigungsimpulse in der Größenordnung setzen kann, sehen Experten kritisch.

"Das Versprechen von vier Millionen neuer Jobs ist unseriös", so der Bremer Wirtschaftswissenschaftler Rudolf Hickel. "Aber die Ziele, die Bedarfsanalyse und der grüne Umbau der Wirtschaft, den Steinmeier fordert, sind richtig und überfällig."

(RP)
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