Debatte um Israel-Gedicht Ex-Botschafter Primor kritisiert Einreiseverbot für Grass

Tel Aviv/Hamburg · Israels Einreiseverbot gegen Literaturnobelpreisträger Günter Grass stößt weiter auf Kritik. Der frühere israelische Botschafter in Deutschland, Avi Primor, nannte die Maßnahme übertrieben und populistisch. Innenminister Eli Jischai von der strengreligiösen Schas-Partei hatte Grass am Sonntag wegen dessen israelkritischen Gedichts zur unerwünschten Person erklärt.

 Der frühere israelische Botschafter in Deutschland, Avi Primor, hat das Einreiseverbot gegen Grass als populistisch bezeichnet.

Der frühere israelische Botschafter in Deutschland, Avi Primor, hat das Einreiseverbot gegen Grass als populistisch bezeichnet.

Foto: dapd, Katja Lenz

"Ich glaube, dass der Innenminister gar nichts von Deutschland versteht. Er betreibt Innenpolitik. Ich halte das für falsch", erklärte Primor am Sonntagabend in den ARD-"Tagesthemen". Für ihn sei Grass kein Antisemit. "Ich weiß, wovon ich spreche." Zugleich kritisierte der Diplomat aber auch Grass umstrittenes Gedicht. Die darin geäußerte Behauptung, Israel wolle den Iran auslöschen, sei lächerlich.

Auch seien die Sorgen der israelischen Regierung berechtigt, dass der Iran Atomwaffen bauen könnte, meinte Primor. Schließlich habe nicht nur der iranische Präsident Mahmud Ahmadinedschad sondern auch der oberste Führer des Irans, Ajatollah Ali Chamenei, von der Auslöschung Israels gesprochen.

Das Gedicht hatte Grass im In- und Ausland den Vorwurf des Antisemitismus eingebracht. Grass hatte sich verteidigt und seinen Kritikern Hass und eine Kampagne gegen ihn vorgeworfen.

In Israel machte sich derweil ein Karikaturist über das Einreiseverbot lustig. Die Zeitung "Haaretz" veröffentlichte die Zeichnung von Amos Biderman in der Nacht zum Montag. Sie zeigt zwei Männer, die auf einem Hausdach in Tel Aviv einen Joint rauchen. Einer von ihnen sagt mit besorgtem Gesichtsausdruck: "Der Innenminister hat die Einreise (auch: Einfuhr) von Grass nach Israel verboten." Darauf gerät der andere Mann ins Schwitzen. Im Vordergrund sind mehrere Marihuana-Planzen in Blumentöpfen zu sehen. Im Hebräischen wird Cannabis wie im Deutschen umgangssprachlich als Gras bezeichnet.

(dpa)
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