Hausärzte machen Praxen dicht Bayerische Mediziner protestieren

Berlin/München (RPO). Mit zweitägigen Praxisschließungen protestieren seit Donnerstag mehrere Tausend Hausärzte in Bayern gegen die Reformpläne von Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler (FDP). Der Vorsitzende des Bayerischen Hausärzteverbandes, Wolfgang Hoppenthaller, sagte auf Anfrage einer Nachrichtenagentur, er gehe davon aus, dass "in den meisten Regionen" wie angekündigt 90 Prozent der Praxen geschlossen blieben. Genaue Zahlen lägen ihm noch nicht vor. Betroffen sind dem Verband zufolge insbesondere ländliche Regionen.

Das ist Philipp Rösler
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Die Mediziner wehren sich mit der Aktion gegen Röslers Plan, die Sondervergütungen für Hausarztverträge zu kürzen. Sie fordern, dass die bisherigen Verträge unverändert bestehen bleiben. Die vorübergehenden Praxisschließungen in Bayern sind möglicherweise der Auftakt zu weiteren Aktionen in ganz Deutschland.

Das Bundesgesundheitsministerium wies die Bedenken der bayerischen Hausärzte zurück. "Die Ängste, die von Verbandsvertretern geschürt werden, sind unberechtigt", sagte ein Sprecher von Rösler in Berlin. Die schwarz-gelbe Koalition wolle die Hausarztversorgung nicht beschneiden, sondern stärken. "Kein Hausarzt wird schlechter gestellt", sagte der Sprecher und fügte hinzu: "Im Übrigen gilt: Laufende Hausarztverträge genießen Bestandsschutz. Das ist in Bayern der Fall."

Hoppenthaller hingegen griff Rösler scharf an. Die Äußerungen aus seinem Ministerium stimmten "hinten und vorne nicht". Die Verträge blieben zwar bestehen, aber jeder Vertrag laufe aus. "Und danach ist dann Feierabend", stellte der Vorsitzende des Hausärzteverbandes fest.

Die bayerische SPD-Landtagsfraktion stellte sich hinter die Hausärzte. Die geplanten Änderungen machten die Hausarztverträge "zur Makulatur", sagte die SPD-Gesundheitspolitikerin Sabine Dittmar. "Sie werden sich von selbst erledigen, weil sie keiner mehr abschließt", sagte sie.

Auch Bayerns Gesundheitsminister Markus Söder (CSU) zeigte Verständnis für die Proteste. Er werde sich im Bund für die Belange der Hausärzte einsetzen, sagte er.

Die gesundheitspolitische Sprecherin der FDP-Bundestagsfraktion, Ulrike Flach, stärkte dagegen ihrem Parteikollegen Rösler den Rücken. Sie verwies auf ein für 2011 erwartetes Defizit von elf Milliarden Euro in der gesetzlichen Krankenversicherung. Es sei daher notwendig, "alle Akteure des Gesundheitswesens an der Finanzierung zu beteiligen". Die Umstellung bedeute zudem keine Kürzung der Honorare, sondern lediglich einen geringeren Zuwachs im nächsten Jahr.

Auch die gesundheitspolitische Sprecherin der Grünen im bayerischen Landtag, Theresa Schopper, äußerte sich kritisch zu den Protesten. Sie könne nicht nachvollziehen, "wenn trotz der Zusicherung von Gesundheitsminister Rösler, dass laufende Hausarztverträge Bestandsschutz genießen, in Bayern gestreikt wird". Der Streit dürfe nicht auf dem Rücken der Patienten ausgetragen werden.

Eine Sprecherin der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns (KVB), die die Aktion bereits vor dem Start kritisiert hatte, wies darauf hin, dass jeder Arzt eine Vertretung benennen müsse. Zudem habe die KVB eine Service-Telefonnummer eingerichtet, unter der sich Versicherte informieren können, welche Praxen trotz der Proteste geöffnet haben. Die Patienten müssten sich aber auf längere Wartezeiten einstellen.

(DDP)
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