Ost-Gipfel in Riga Ukraine fordert von EU Beitrittsperspektive

Riga · Kurz vor dem Ostpartnerschaftsgipfel der EU in Riga erhöht die Ukraine den Druck und fordert für sich konkrete Perspektiven. Die EU berät mit sechs früheren Sowjetrepubliken über Möglichkeiten der engeren Zusammenarbeit. Auch Merkel reist nach Riga.

Auch Kanzlerin Angela Merkel reist zum Ostgipfel nach Riga.

Auch Kanzlerin Angela Merkel reist zum Ostgipfel nach Riga.

Foto: afp, jd ej

"Wir möchten jetzt in Riga die konkrete Zusicherung erhalten, dass die Ukraine für eine künftige Mitgliedschaft in der Europäischen Union geeignet ist und die Chance hat, in Zukunft Beitrittskandidat zu werden", sagte der ukrainische Außenminister Pawel Klimkin der "Welt" (Donnerstag). Sein Land brauche dringend eine europäische Perspektive. "Das würde der Stimmung und dem Reformprozess in der Ukraine einen unglaublichen Schub verleihen."

Präsident Petro Poroschenko äußerte in Kiew zudem die Erwartung, dass die Ukraine ein klares Signal für Visafreiheit erhält und ukrainische Bürger damit problemlos in die EU einreisen können. Die technischen Voraussetzungen dafür werde man erfüllen, sagte er. Klimkin sagte in Richtung EU: "Ich kann Ihnen versichern, dass die Visafreiheit nicht zu einer Migrationswelle in die Europäische Union führen wird."

Auf dem Gipfel in Riga will die EU an diesem Donnerstag und Freitag mit den sechs früheren Sowjetrepubliken Ukraine, Georgien, Moldau Weißrussland, Armenien und Aserbaidschan über Perspektiven für mehr Zusammenarbeit beraten. Für Deutschland reist Bundeskanzlerin Angela Merkel in die lettische Hauptstadt.

Das Ergebnis der Diskussionen wird mit Spannung erwartet. Die EU-Partnerschaftspolitik steht seit dem Ausbruch des Konflikts in der Ukraine verstärkt in der Kritik. Der Streit um die Annäherung des Landes an die EU gilt als eine der Ursachen für den Bürgerkrieg.

Unterstützung für ihre Forderungen nach einer EU-Beitrittsperspektive bekommt die ukrainische Regierung unter anderem von der Linken im Europaparlament. "Die EU sollte ihre Nachbarn ehrlich behandeln, eine echte Beitrittsperspektive bieten und sie nicht taktisch hinhalten", sagte die Fraktionschefin Gabi Zimmer der Deutschen Presse-Agentur in Brüssel.

Zimmer warf der EU vor, mit der Östlichen Partnerschaft "bewusst die wirtschaftlichen Interessen Russlands" übergangen zu haben. Auch habe die Union die unterschiedliche soziale, kulturelle und wirtschaftliche Lage in den sechs Partnerstaaten falsch eingeschätzt.
"Auch das hat zum Desaster in der Ukraine beigetragen, die nun tief gespalten zwischen EU und Russland zerrieben wird."

EU-Diplomaten machten vor dem Gipfel hingegen klar, dass es keine konkrete Beitrittsperspektive für Staaten wie die Ukraine geben werde. "Die Frage steht für die EU zurzeit nicht auf der Agenda", hieß es zu dem Thema in Brüssel. Auch beim Thema Visa-Liberalisierung werde es keine festen Zusagen geben.

Russlands Außenminister Sergej Lawrow wies unterdessen Vorwürfe zurück, Moskau blockiere die freie Entfaltung ehemaliger Sowjetrepubliken. "Wir haben kein Monopol auf das Geschehen in dieser Region", sagte Lawrow der Agentur Ria Nowosti zufolge bei einer Rede im Föderationsrat in Moskau. Russland respektiere die Rechte der ehemaligen Sowjetrepubliken, die heute souveräne Staaten seien.

"Das Streben unserer Nachbarn nach besseren Beziehungen mit der Europäischen Union betrachten wir keinesfalls als Tragödie", meinte Lawrow. Allerdings könne sich ein solches Verhältnis nur dann positiv entwickeln, wenn auch die "berechtigten Interessen Russlands und anderer Länder" berücksichtigt würden, betonte der Chefdiplomat.
Lawrow hatte die EU am Dienstag mit Nachdruck davor gewarnt, mit ihrer Ost-Partnerschaft Russlands Interessen zu schaden.

Die Grünen-Fraktionschefin im Europaparlament, Rebecca Harms, forderte, die Sanktionen gegen Russland beizubehalten. Zudem kritisierte sie, dass es keine Visa-Erleichterungen für die Bürger der östlichen Partnerländer geben solle. "Wenn wir die Zivilgesellschaft in diesen Ländern stärken wollen, müssen wir Reiseerleichterungen ermöglichen", sagte Harms der "Frankfurter Rundschau" (Donnerstag).

Aus Lettland wurde vor dem Gipfel von mehr russischen Militäraktivitäten nahe seiner Grenzen berichtet. Nach Angaben der Armee wurden ein U-Boot und ein Forschungsschiff der russischen Marine nahe der Seegrenze gesichtet.

Der Konflikt mit Moskau um die Ukraine hat derweil die deutschen Exporte nach Russland im vergangenen Jahr einbrechen lassen. Die Ausfuhren in die Russische Föderation gingen um 18 Prozent auf 29 Milliarden Euro zurück, wie das Statistische Bundesamt am Donnerstag in Wiesbaden mitteilte. Wichtigste Exportgüter waren Maschinen, Kraftwagen und -Teile sowie chemische Erzeugnisse.

Besonders zurückgegangen sind Ausfuhren von Autos, Lastwagen und zugehörigen Teilen (minus 31,5 Prozent) und Maschinen (minus 15,8 Prozent). Russland blieb zwar Deutschlands wichtigster Energielieferant. Insgesamt schrumpften die Einfuhren aus dem Land aber um 7 Prozent auf 38 Milliarden Euro.

(dpa)
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