Aufruhr in Tunesien Oppositionelle wurden mit der selben Waffe getötet

Tunis · Hinter dem jüngsten Mord am linksgerichteten tunesischen Oppositionspolitiker Mohammed Brahmi und dem Attentat auf dessen Kollegen Chokri Belaïd im Februar steckt ein und dieselbe islamistische Extremistenzelle.

 Tunesien befindet sich nach dem Mord an einem Oppositionspolitiker in Aufruhr.

Tunesien befindet sich nach dem Mord an einem Oppositionspolitiker in Aufruhr.

Foto: dpa, Mohamed Messara

Das teilte Innenminister Lotfi Ben Jeddou am Freitag mit. Demnach stammten die tödlichen Schüsse auf die beiden Politiker aus der selben Tatwaffe. Das habe eine ballistische Untersuchung der Kugeln ergeben, die am Donnerstag auf Brahmi abgefeuert worden seien, sagte Jeddou.

Der 58-jährige Brahmi war am Donnerstag vor seinem Haus von zwei Bewaffneten erschossen worden. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft wurde der Politiker 14 Mal getroffen. Brahmi galt als vehementer Kritiker der regierenden Ennahda-Partei. Am 6. Februar war der Oppositionspolitiker Belaïd auf ähnliche Weise getötet worden.

Nach der Ermordung des Oppositionspolitikers sind am Freitag zahlreiche Menschen in Tunesien dem Aufruf zu einem Generalstreik gefolgt. Europäische Fluggesellschaften mussten fast alle Flüge in das nordafrikanische Mittelmeerland streichen. Die Flaggen in Tunis wehten auf halbmast. Präsident Moncef Marzouki hatte für den ganzen Tag Staatstrauer anordnen lassen. Es sollte ein Zeichen gegen Terrorismus und Gewalt gesetzt werden.

Die Ermordung Brahmis löste international Bestürzung aus. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) verurteilte den Mord als feiges Attentat. "Ich bin erschüttert", erklärte Merkel in einer am Freitag in Berlin veröffentlichten Mitteilung. Die Täter müssten zügig ermittelt und zur Rechenschaft gezogen werden. Das gelte auch im Fall Belaïd.

Die Bundesregierung appellierte an Regierung, Opposition und Zivilgesellschaft, erneut Besonnenheit zu wahren. Tunesien habe auf dem Weg der Demokratisierung wichtige Etappen zurückgelegt. "Möglich war dies durch die politische Reife und Kompromissbereitschaft aller Beteiligten", heißt es in Merkels Erklärung. Und weiter: "Es darf nicht zugelassen werden, dass feige politische Gewalttaten den Weg des tunesischen Volkes zur Demokratie gefährden. Wir setzen unsere Hoffnung darauf, dass der demokratische Wandel gerade in Tunesien - der Wiege der arabischen Umbrüche - gelingen wird."

Nach der Ermordung Belaïds waren Anfang des Jahres seit längerem anhaltende Spannungen im Ursprungsland des Arabischen Frühlings eskaliert. Es kam zu Massenprotesten. Die islamistische Regierungspartei Ennahda stimmte deswegen einer Kabinettsneubildung zu.

Auch nach dem Anschlag auf Brahmi kam es wieder zu Protesten gegen die Regierung. Randalierer setzten in der Nacht zum Freitag unter anderem Gebäude der Regierungspartei Ennahda in Brand. Weitere Demonstrationen wurden vor allem für den Tag der Beerdigung Brahmis erwartet. Sie ist für diesen Samstag geplant.

(dpa/ap)
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