Luftangriffe auf Libyens Regime verstärkt Die Nato im Wettlauf gegen die Zeit

Tripolis (RPO). Es waren die schwersten Angriffe der Nato seit Beginn der Militäraktion in Libyen. Dutzende Angriffe flog das Bündnis in der Nacht. Die westlichen Verbündeten erhöhen aber nicht nur militärisch den Druck, denn die Situation in Libyen gilt seit Wochen als festgefahren. Der Wettlauf gegen die Zeit hat schon längst begonnen, denn es ist vor allem die Bevölkerung vor Ort, die unter der Situation leidet.

Luftangriffe auf Gaddafis Residenz
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Luftangriffe auf Gaddafis Residenz

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Foto: AP

Wieder einmal war es Bab el Asisija, das die Nato ins Visier nahm. Schon mehrfach hatte dass Militärbündnis das Viertel, in dem auch die Residenz von Machthaber Muammar al-Gaddafi befindet, unter Beschuss genommen. Zwischen zwölf und 18 Angriffe auf Kasernen der Volksgarde flog die Nato, wie die libysche Regierung mitteilte. Dabei seien drei Menschen getötet und mehr als 150 verletzt worden. Journalisten von der britischen BBC oder dem US-Sender CNN berichten, ihnen seien die Leichen in den Krankenhäusern gezeigt worden.

Auch wenn die Nato fast täglich Angriffe fliegt, so kommt der Einsatz nicht voran. Noch immer kämpfen die Rebellen erbittert gegen das Gaddafi-Regime, noch immer sitzt der Machthaber selbst scheinbar fest im Sattel. Von ihm selbst aber, der sich hin und wieder in der Hauptstadt zeigte oder in einem alten Militärkomplex aufbrausende Reden hielt, war schon lange nichts mehr zu hören.

Eingeschlossene und Vertriebene

Dass die Situation festgefahren ist, wird am Dienstag auch US-Präsident Barack Obama beschäftigen, wenn er in London mit dem britischen Premier David Cameron zusammentrifft. In einem gemeinsamen Gastbeitrag für die britische Zeitung "The Times" erklärten sie, man werde den Einsatz gemeinsam mit den Alliierten fortsetzen, bis die Resolutionen der UN umgesetzt seien. Man werde nicht zulassen, dass die Proteste gegen die Regierung mit Waffengewalt zerschlagen würden.

Doch nicht nur die Waffengewalt ist ein großes Problem für die libysche Bevölkerung. Es ist vor allem auch die Versorgung mit Lebensmitteln und Medikamenten. Zwar hatten etwa die USA erst vor wenigen Tagen 120.000 Lebensmittelrationen in die Rebellenhochburg Bengasi geschickt, doch andernorts sieht es schlechter aus.

So schrieb die Hilfsorganisation "Save the Childen" kürzlich auf ihrer Internetseite, dass ihre Mitarbeiter dringend Zugang zu den Gebieten in und um Misrata im Westen bräuchten. Wegen der andauernden Schießereien und Straßenschlachten sei dies aber unmöglich. In Libyen bahne sich eine humanitäre Katastrophe an. "Familien, die unter Dauerbeschuss leben, haben weder Zugang zu Lebensmitteln noch zu medizinischer Versorgung", heißt es dort.

Wie der US-Sender CNN berichtet, sind nach Angaben des libyschen Kommitees für humanitäre Hilfe zwischen mehr als 20.000 Menschen in zwei Städten eingeschlossen, weitere rund 40.000 seien in andere Städte vertrieben worden. Diejenigen, die nicht vertrieben wurden, würden unter spartanischen Bedingungen leben. Sie hätten keinen Strom, kein Öl und nur begrenzten Zugang zu Wasser, seit die Kräfte Gaddafis die Wasserquellen kontrollierten und einige mit Öl verseucht hätten. Zudem seien in den Orten Yefren und Algalaa seit Februar die Banken geschlossen.

Hubschrauber-Einsätze geplant

Die Zivilbevölkerung zu schützen, das war aber einst das Ziel der UN-Resolution und der anschließenden Umsetzung der Flugverbotszone durch die Nato. Doch der Widerstand der Regierung erwies sich größer als gedacht. Und so bleibt den Verbündeten gar nicht viel mehr, als ihre Angriffe zu verstärken. Nun sollen auch Hubschrauber dafür eingesetzt werden, um gezielter gegen die Stellungen des Gaddafi-Regimes vorzugehen.

Auch politisch wird der Druck erhöht. So eröffnete die EU und auch ein Deutschland ein Verbindungsbüro in der Rebellenhochburg Bengasi. Die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton hatte dies als eine wichtige Möglichkeit bezeichnet, Kontakte zu knüpfen. Auch hatte sie sich für eine engere Koordination mit dem Übergangsrat ausgesprochen. Am Montag beschloss die EU zudem weitere Sanktionen gegen das Regime und erhöhte die humanitäre Hilfe für die Opfer des Konfliktes um 20 Millionen Euro.

Das libysche Regime selbst aber wird auf die politischen Maßnahmen wohl wenig geben, hatte es sich doch bislang kaum von den gegen sie verhängten Sanktionen beeindrucken lassen. Die USA haben aber noch einmal deutlich gemacht, dass ein Sturz Gaddafis unvermeidlich sei. Und so werden die Luftangriffe auch in den nächsten Wochen weitergehen.

(mit Agenturmaterial)
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