Nach Verurteilung wegen Steuerbetrugs Berlusconi: "Ich bin unschuldig"

Rom · Nach der Verurteilung von Ex-Ministerpräsident Berlusconi ist die italienische Regierung weiter in der Krise. Der 76-Jährige selbst lässt sich von seinen Anhängern den Rücken stärken. "Ich bin unschuldig", rief er am Sonntag vor Tausenden Menschen in Rom.

Zugleich sagte Silvio Berlusconi der Regierung von Ministerpräsident Enrico Letta weitere Unterstützung zu und betonte, die Koalition müsse fortgesetzt werden. Zuvor hatten einige seiner Parteifreunde einen Rückzug angedroht, falls Berlusconi nicht begnadigt wird.

Zu der von Berlusconis Partei Volk der Freiheit organisierten Demonstration waren Sympathisanten aus ganz Italien in Bussen nach Rom gebracht worden.

Vor Berlusconis Haus hielt die Menge Plakate mit Aufschriften wie "Märtyrer der Freiheit" und "Genug mit der politischen Justiz" hoch, wie die italienische Nachrichtenagentur Ansa berichtete. Berlusconi selbst sagte, er zögere nicht, seine "sogenannten Richter" zu kritisieren. Die vergangenen Tage seien die schmerzlichsten seines Lebens gewesen.

Der oberste Gerichtshof Italiens, das Kassationsgericht in Rom, hatte am Donnerstag Berlusconis vierjährige Haftstrafe wegen Steuerbetrugs in letzter Instanz bestätigt. Das Urteil ist rechtskräftig. Der 76-Jährige muss wegen seines Alters wahrscheinlich nur ein Jahr im Hausarrest verbringen. Der zweite Teil seiner Strafe - ein fünfjähriges Verbot öffentlicher Ämter - wird noch einmal überprüft.

Das rechtskonservative Volk der Freiheit, das gemeinsam mit Lettas Sozialdemokraten regiert, dringt auf eine Begnadigung. Berlusconis Parteifreund Renato Brunetta erklärte am Samstag, man habe um ein Treffen mit Präsident Giorgio Napolitano gebeten, der für ein solches Gnadengesuch zuständig ist.

Ein anderer PdL-Vertreter, Sandro Bondi, warnte vor einem "Bürgerkrieg", falls Berlusconi seine Strafe nicht erlassen werde.
Berlusconis politischer Erbe, Innenminister Angelino Alfano, deutete an, dass sich die Minister der PdL aus der Regierung zurückziehen könnten.

Bei ihrem Koalitionspartner kommt dies nicht gut an. Der stellvertretende Wirtschaftsminister Stefano Fassina reagierte empört auf die Forderung nach einer Begnadigung Berlusconis. Dies sei eine "inakzeptable Provokation" sagte er. Bondis Äußerung zum angeblich drohenden "Bürgerkrieg" nannte er "an der Grenze zur Staatsgefährdung".

Präsident Napolitano hat sich bisher nicht öffentlich über die Möglichkeit einer Begnadigung geäußert. Nach italienischem Recht kann nur Berlusconi selbst, sein Anwalt oder seine Familie einen entsprechenden Antrag stellen.

In jedem Fall muss er seine Strafe nicht unmittelbar antreten. Bis Mitte Oktober hat er zunächst Zeit sich zu entscheiden, ob er Hausarrest abbüßen oder stattdessen gemeinnützige Arbeit ableisten will. Ein offizielles Verfahren zum Entzug seines Senatssitzes dürfte noch länger dauern.

(ap)
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