Palästinenserchef beschimpft Scharon als "Nazi" Arafat kann sich wieder frei bewegen

Ramallah (rpo). Nach dem Ende der Belagerung in Ramallah kann sich Jassir Arafat erstmals seit Monaten wieder frei bewegen. Der Palästinenserchef verließ seinen Amtssitz (Foto) und besuchte ein Krankenhaus. Zuvor hatte er Israels Premier Scharon als einen "Terroristen, Rassisten und Nazi" bezeichnet.

Ramallah (rpo). Nach dem Ende der Belagerung in Ramallah kann sich Jassir Arafat erstmals seit Monaten wieder frei bewegen. Der Palästinenserchef verließ seinen Amtssitz (Foto) und besuchte ein Krankenhaus. Zuvor hatte er Israels Premier Scharon als einen "Terroristen, Rassisten und Nazi" bezeichnet.

Arafat wurde vor dem Gebäude von mehreren hundert Anhängern mit Jubel begrüßt. Der 72-Jährige ließ sich bei seinen ersten Schritten von Begleitern stützen. Er zeigte das Victory-Zeichen, hob den Daumen und lächelte der Menge zu.

Danach bestieg Arafat ein Auto und fuhr zu einem Krankenhaus in Ramallah. Er verharrte vor einem Grab auf dem Parkplatz der Klinik, wo mehrere Palästinenser begraben wurden, die beim Einmarsch israelischer Truppen erschossen worden waren. Danach besuchte er Patienten des Krankenhauses. Die israelische Armee hatte den Palästinenserführer seit Mitte Dezember mit einer Blockade daran gehindert, die Stadt zu verlassen.

Bleibt Arafat vorerst in Ramallah?

Es wird erwartet, dass Arafat die nächsten Tage weiter in Ramallah bleibt. Gemäß der Vereinbarung mit Israel kann Arafat nun aber jederzeit aus Ramallah ausreisen und auch ins Ausland fliegen. Der israelische Ministerpräsident Ariel Scharon drohte allerdings, dass Arafat nach einer Auslandsreise die Rückkehr verweigert werden könnte, falls es zu neuen Terroranschlägen kommen sollte.

Besonders scharf kritisierte Arafat, der sichtlich wütend war, die seit einem Monat andauernde Blockade der Geburtskirche in Bethlehem. Dort war es in den frühen Morgenstunden des Donnerstag zu heftigen Kämpfen zwischen Palästinensern und israelischen Soldaten gekommen.

Während die israelische Armee vom Amtssitz von Arafat abrückte, traf ein Fahrzeugkonvoi internationaler Beobachter mit sechs palästinensischen Gefangenen in Jericho ein. Israelische Medien berichteten, die Mörder des israelischen Tourismusministers Rechawam Seewi sowie zwei weitere Häftlinge seien in ein Gefängnis in der Stadt gebracht worden. Laut einem Kompromissvorschlag von US- Präsident George W. Bush sollen alle sechs in einem palästinensischen Gefängnis von US- und britische Wärtern bewacht werden.

Wie die israelische Zeitung "Haaretz" berichtete, soll der vollständige Abzug israelischer Soldaten aus Ramallah bis Donnerstagmorgen abgeschlossen sein. Dann würden die Truppen im Umkreis der Stadt neu gruppiert. Wie aus einer Sicherheitsquelle verlautete, kann sich Arafat nach dem Transfer der Gefangenen nach Jericho und dem Abschluss des Truppenrückzugs innerhalb des Westjordanlandes und Gazastreifens frei bewegen und auch ins Ausland reisen.

Im Interview mit dem US- Fernsehsender ABC betonte Scharon, Israel plane zum eigenen Schutz eine etwa 1000 Kilometer lange Pufferzone zwischen Israel und den Palästinensergebieten. Israel hatte das Hauptquartier Arafats seit Beginn der Militäroffensive "Operation Schutzschild" am 29. März belagert, mit der Israel auf eine Serie palästinensischer Selbstmordanschläge reagierte.

Zwischen der israelischen Armee und etwa zwei Dutzend bewaffneten Palästinensern brachen nach einem Bericht des US-Nachrichtensenders CNN in der Nacht zum Donnerstag um die Geburtskirche in Bethlehem heftige Kämpfe aus. Nach etwa 30 bis 45 Minuten sei die Schießerei beendet gewesen, hieß es später. Auch ein in der Nähe der Kirche ausgebrochenes Feuer sei gelöscht, sagte der israelische Regierungssprecher Dore Gold dem Sender.

Die israelische Armee habe erklärt, sie sei von den Palästinensern angegriffen worden und habe das Feuer erwidert, berichtete CNN. Der palästinensische Chefunterhändler Sajeb Erekat sagte dem Sender dagegen, israelische Truppen hätten versucht, das Gebäude zu stürmen.

Ein Sprecher der israelischen Armee betonte, es seien zwischen 180 und 200 Palästinenser in der Kirche. Bis zu 40 von ihnen stünden auf der Liste der von Israel meistgesuchten Terroristen. Arafat nannte die Belagerung in seiner Erklärung in Ramallah ein "gemeines Verbrechen".

UN-Generalsekretär Kofi Annan ist endgültig entschlossen, die von ihm berufene Kommission zur Untersuchung von Massaker-Vorwürfen im palästinensischen Flüchtlingslager Dschenin aufzulösen. Annan legte dem Weltsicherheitsrat am Mittwochabend (Ortszeit) in New York ein dreiseitiges Schreiben vor, in dem er den Vollzug seiner Entscheidung für Donnerstag ankündigte.

(RPO Archiv)
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