Rückzug aus dem Kyoto-Protokoll Empörung über Kanada

Berlin · Nur zwei Tage nach dem Ende des jüngsten Klimagipfels hat Kanada dem einzigen international gültigen Klimaschutzabkommen den Rücken zugekehrt. Umweltschützer sind außer sich. Gereenpeace spricht von einem politischen Affront, Politiker werfen dem Land vor, aus Profitinteresse zu handeln. Das deutsche Umweltministerium zeigt sich hingegen alles andere als überrascht.

Klimakonferenz in Cancùn: Wahrzeichen versinken im Meer
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Deutsche Politiker und Umweltverbände reagieren mit Unverständnis und harscher Kritik auf die Ankündigung Kanadas, aus dem Kyoto-Protokoll auszusteigen. Der Rückzug so kurz nach dem Abschluss des Weltklimagipfels in Durban sei ein "politischer Affront gegenüber der internationalen Staatengemeinschaft", sagte Greenpeace-Klimaexpertin Anike Peters am Dienstag in Hamburg. Er verstoße gegen "den Geist des Weltklimavertrags".

Ann-Kathrin Schneider, Referentin für internationalen Klimaschutz beim Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) befürchtet, der vorzeitige Ausstieg Kanadas werde "das Misstrauen der Schwellenländer gegenüber den Industrieländern" schüren. "Die kanadische Regierung setzt jetzt das in Südafrika mühsam errungene Vertrauen der Entwicklungs- und Schwellenländer aufs Spiel und gefährdet so den ohnehin schwierigen Prozess des internationalen Klimaschutzes", sagte Schneider weiter.

Am Montag hatte Kanada seinen Rückzug aus dem Kyoto-Protokoll angekündigt. Umweltminister Peter Kent sagte in Ottawa, sein Land werde von dem Recht Gebrauch machen, vorzeitig aus dem 1997 in Japan vereinbarten Protokoll auszusteigen. Dieses sollte helfen, den weltweiten Ausstoß an klimaschädlichen Treibhausgasen zu verringern.

"Das Kyoto-Protokoll umfasst nicht die beiden größten Emittenten, die USA und China, und kann somit nicht funktionieren", sagte Kent.

"Profitinteresse" gegen "Verhinderung des Klimawandels"

Politiker vermuten eher finanzielle Gründe hinter dem Ausstieg des Landes, das viel Geld mit der extrem klimaschädlichen Gewinnung von Öl aus Teersanden macht: "Das Profitinteresse Kanadas bei der Extraktion von Teersanden hat für die kanadische Regierung offensichtlich Vorrang vor der Verhinderung eines unkontrollierbaren Klimawandels", empört sich Sabine Wils, Abgeordnete der Linken im Europaparlament.

Der Grünen-Energieexperte Hans-Josef Fell forderte einen Boykott der kanadischen Erdöllieferungen: "Die kanadischen Lieferungen von Erdöl aus Ölsanden und Ölschiefern sind die Hauptursache dafür, dass sich Kanada seiner Verantwortung für den Klimaschutz verweigert", sagte Fell.

Schon während der Klimakonferenz in Durban hatte es Gerüchte über einen Rückzug Kanadas gegeben. Laut Bundesumweltministerium war er sogar schon vorher "angekündigt" gewesen. Deshalb habe die EU immer betont, dass das Kyoto-Protokoll ohne Kanada, Russland und Japan ohnehin nur noch rund 15 Prozent der weltweiten Emissionen umfasse.

Bisher nur für Industriestaaten

"Umso bedeutsamer ist es, dass es im Durban-Paket gelungen ist, das Fundament und die Dynamik für den Abschluss eines globalen, rechtlich bindenden Abkommens zu legen", sagte eine Ministeriumssprecherin.

Das 1997 vereinbarte Kyoto-Protokoll ist das bislang einzige globale Klimaschutzabkommen, das verbindliche Vorgaben für die Emission von Treibhausgasen macht. Ratifiziert haben es mehr als 190 Staaten, doch gelten die Emissionsvorgaben nur für insgesamt 37 Industriestaaten, nicht für Schwellen- und Entwicklungsländer wie China oder Indien.

In Durban beschlossen die Delegierten aus mehr als 190 Staaten, bis 2015 einen neuen Vertrag auszuhandeln, der nach der Ratifikation ab 2020 wirksam werden soll.

(APD/AFP)
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