NSU-Prozess in München stockt Einsilbige Zeugin sorgt für Verzögerungen

München · Eine wortkarge Zeugin hat im NSU-Prozess vor dem Münchner Oberlandesgericht die Geduld der Beteiligten auf die Probe gestellt. Die 33 Jahre alte Friseurin aus Hannover, deren Namen die Hauptangeklagte Beate Zschäpe zeitweise als falsche Identität genutzt hatte, gab in ihrer Vernehmung am Dienstag in erster Linie an, sie könne sich an kaum etwas erinnern. Dabei verstrickte sie sich in Widersprüche.

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Foto: dpa, kne lof sja fdt

Die Frau räumte zwar ein, dem als Unterstützer des NSU-Trios angeklagten Holger G. einst ihre Krankenkassenkarte für 300 Euro verkauft zu haben. "Ich hab' in dem Moment auch nur das Geld gesehen. Ich bin eine arme Friseurin und Punkt."

Wofür er die Karte brauchte, habe sie aber weder gefragt noch habe sie das interessiert. "Wir haben Alkohol getrunken, vielleicht auch einen geraucht, und da fragt man doch nicht irgendwelche Sachen und was der mit der Karte macht", behauptete die Zeugin. "Ich habe mit dem Ganzen gar nichts zu tun. Ich kenne sie auch nicht, diese Beate.
Ich hätte ihr doch nie die Karte gegeben, hätte ich das gewusst. Dann kann ich ja gleich ins Gefängnis."

Weil sie sich immer wieder auf Gedächtnislücken, einen "Blackout" oder ihre große Aufregung berief, um Fragen nicht zu beantworten, sprach eine Vertreterin der Nebenklage schon von "Aussageverweigerung". Schließlich berichtete die Frau, sie habe Holger G. - den sie durch ihren Mann, einen bekennenden Rechtsextremen und ehemaligen Skinhead, kennengelernt hatte - auch nach Beginn der Verhandlung vor dem OLG getroffen. "Er hat sich tausendmal dafür entschuldigt, dass er mich in so eine Situation gebracht hat." Auch G. habe ihrer Ansicht nach nichts von den Plänen des NSU-Trios Uwe Böhnhardt, Uwe Mundlos und Zschäpe gewusst.

Die zähe Vernehmung der Frau zog sich so lange hin, dass der ursprünglich für Dienstag geplante Auftritt von Brigitte Böhnhardt - der Mutter des verstorbenen Neonazis und mutmaßlichen Terroristen Uwe Böhnhardt - verschoben werden musste. Sie soll nun am 19. November gehört werden.

Dem "Nationalsozialistischen Untergrund" (NSU) wird die Ermordung von neun türkisch- und griechischstämmigen Einwanderern und einer deutschen Polizistin zwischen 2000 und 2007 zur Last gelegt. Zschäpe ist die einzige Überlebende des Trios. Böhnhardt und Mundlos hatten sich laut Bundesanwaltschaft im November 2011 das Leben genommen, als sie nach einem Banküberfall von der Polizei eingekreist worden waren.

(dpa)
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