Gericht hält britischen Arzt für schuldig Killer-Doktor hat 215 Patienten ermordet

London (rpo). Mindestens 215 Patienten hat Dr. Harold Shipman auf dem Gewissen. Statt den Kranken zu helfen, ermordete der britische Arzt sie kurzerhand. Das sieht ein Londoner Gericht inzwischen als erwiesen an.

Dies geht aus einer Untersuchung hervor, die unter Vorsitz einer Richterin am Londoner High Court 888 Todesfälle in der Praxis Shipmans bei Manchester prüfte. In 45 Fällen gebe es zudem einen "ernsten Verdacht", dass Shipman seine Patienten ermordete, jedoch keinen letztlich schlüssigen Beweis.

"Es ist zutiefst beunruhigend, dass die Morde so viele Jahre lang keinerlei Verdacht erregten", heißt es in dem sechsbändigen, rund 2000 Seiten starken Bericht von Janet Smith, einer der prominentesten Richterinnen des Landes. Ihren Feststellungen zufolge hatte Shipman 1975 die erste Patientin mit einer Spritze Morphium getötet. 171 Opfer waren meist ältere, allein stehende Frauen, 44 waren Männer. Das jüngste Opfer war 41, das älteste 93 Jahre.

Shipman war im Januar 2000 wegen Mordes in 15 Fällen zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Die Angehörigen anderer Patienten hatten jedoch eine neue gerichtliche Untersuchung erzwungen, um Gewissheit über deren Schicksal zu bekommen. Wegen seiner bereits erfolgten Verurteilung - die 15 sind in der Zahl 215 enthalten - muss Shipman nicht damit rechnen, wegen der nunmehr zusätzlich festgestellten Morde vor Gericht gestellt zu werden.

"Shipman hat das Vertrauen seiner Patienten in einer unvorstellbaren Weise missbraucht, die einmalig in der Geschichte ist", sagte Richterin Smith. "Die Art, wie er tötete, den Angehörigen gegenübertrat und dann wieder verschwand, ohne den geringsten Verdacht zu erregen, würde man in einem Roman als abstrus bezeichnen." Sie kündigte an, in einer zweiten Phase ihrer Untersuchungen Vorschläge zu machen, wie ähnliche Vorfälle künftig verhindert werden könnten. Shipman habe sämtliche Sicherheitsmaßnahmen - beispielsweise Unterschriften anderer Ärzte auf den Totenscheinen von Menschen, die verbrannt werden sollten - problemlos umgangen.

Der Arzt war 1975 wegen Missbrauchs des Schmerzmittels Pethidin aufgefallen und vor ein Standesgericht gebracht worden. Die Approbation wurde dem Drogensüchtigen jedoch nicht entzogen. Schon 1977 praktizierte er wieder und konnte 1996 eine Menge Morphium beschaffen, die für den Tod von 360 Menschen ausgereicht hätte. Shipman wurde von Ermittlern als extrem intelligenter Mann beschrieben, der Freude daran habe, seine Umwelt zu kontrollieren. "Was immer Shipman damals süchtig nach dem Schmerzmittel machte, hat ihn möglicherweise auch süchtig nach anderem gemacht. Es ist möglich, dass er süchtig nach Mord war", sagte Smith.

(RPO Archiv)
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