Isringhaus' Top 100 Platz 10: "Homeland"

Düsseldorf · Die preisgekrönte US-Serie "Homeland" zeigt, wie der Krieg gegen den Terror alle Beteiligten deformiert.

Das ist der Emmy-Gewinner "Homeland"
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Das erste Opfer des Krieges ist die Wahrheit, sagte der amerikanische Senator Hiram Johnson 1914 - ein Satz, der bis heute Gültigkeit hat. Dabei spielt es keine Rolle, ob der Krieg auf dem Schlachtfeld ausgetragen wird oder mitten in der Gesellschaft stattfindet, in vermeintlich friedlichen Zeiten. "Homeland" hat diesen Satz weitergedacht: Wahrheiten gibt es in der US-Serie so viele wie Figuren und Parteien; der Krieg, in diesem Fall gegen den Terror, ist hier längst das Nachglühen des amerikanischen Alltags. Und die Koordinaten, an denen man sein moralisches Handeln ausrichten könnte, verschieben sich ständig.

Von Anfang an schafft "Homeland" eine Atmosphäre permanenter Verunsicherung. In den ersten drei Staffeln geht es um den US-Soldaten Nicholas Brody, der im Irak in Gefangenschaft gerät, nach acht Jahren jedoch befreit wird. Daheim wird er zwar als Held gefeiert, es mehren sich aber Hinweise, dass er vom Feind umgedreht wurde, also ein "Schläfer" ist. Herausfinden soll das die hochbegabte, aber unter einer bipolaren Störung leidende CIA-Agentin Carrie Mathison. Aus dieser Konstellation entwickelt sich ein hochspannender, wendungsreicher Plot, der den Zuschauer lange im Ungewissen lässt über Brodys wahre Motive. Zudem kommen sich die Agentin und der mutmaßliche Attentäter näher, als für beide gesund ist. Claire Danes liefert als Mathison eine fulminante Vorstellung ab, Damian Lewis ist ihr als sinistrer wie sympathischer Brody fast ebenbürtig; wie überhaupt alle Rollen der Serie bestens besetzt sind.

Zehn unbekannte Fakten über Homeland
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Foto: Twentieth Century Fox Film Corporation

Besonders gelungen ist es, wie die Macher Howard Gordon und Alex Gansa die äußeren Konflikte und die systembedingte Paranoia in den zwischenmenschlichen Konflikten spiegeln. Nicht nur im Spiel der Mächtigen, der Agenten und Terroristen ist niemanden mehr zu trauen, die Schizophrenie greift auch über ins Private, atomisiert das Vertrauen, bis niemand mehr weiß, auf wen er sich noch verlassen kann. Wie sich dieser schleichende Wahnsinn auf den Zuschauer überträgt, ist brillant gelöst, mit aufregenden Einstellungen und Kamerafahrten sowie einer inneren Logik, der sich niemand entziehen kann.

Nach der dritten Staffel musste sich "Homeland", so viel sei verraten, neu erfinden. Die Schauplätze sind neu, die Figurenkonstellationen auch - aber die Chemie stimmt nach wie vor: Sie ist hochexplosiv.

(RP)
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