"Polizeiruf 110" zeigt "Grenzgänger" Polnisch für Anfänger

Frankfurt/Oder · Der "Polizeiruf 110" schickt zum ersten Mal ein deutsch-polnisches Team ins Rennen. Der Auftakt geht aber in die Hose.

"Polizeiruf 110 – Grenzgänger" – erstmals mit Lenski und Raczek
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Foto: RBB

Dieser neue polnische Kommissar Adam Raczek (Lucas Gregorowicz) muss in seiner Kindheit im Westfernsehen immer "Die Sendung mit der Maus" gesehen haben: Denn als er mit dem Handy eines Verdächtigen die letzte gewählte Nummer anruft und er eine Frau sprechen hört, guckt er nicht etwa ratlos, sondern sagt: "Das war Tschetschenisch." Diese Sprache ist laut dem Online-Lexikon Wikipedia eine nachische Sprache und mit dem Inguschischen verwandt - und dessen Klang hat ja eigentlich jeder sofort im Ohr.

Dieser Raczek schiebt von nun an mit der deutschen Kommissarin Olga Lenski (Maria Simon) in einer grenzübergreifenden Truppe Dienst. Und zum Auftakt findet Lenski auf dem Weg zu den neuen Kollegen in einem Auto einen Schwerverletzten, den sie sofort ins Krankenhaus fährt. Dennoch stirbt der Student Tomasz Nowak (Tim Haberland) noch in der Nacht, er wurde schwer misshandelt und zusammengeschlagen. Der Fahrer Ramsan Dimaev (Tamer Yigit) wird festgenommen und gilt als Hauptverdächtiger. Doch der Tschetschene hat außer einem traurigen Flüchtlingsschicksal kein Motiv.

Die deutsch-polnische Dienststelle hat ein reales Vorbild in Swiecko bei Slubice. Deren Koordinatoren haben bei den Dreharbeiten beraten. Ein im Juli dieses Jahres in Kraft getretenes deutsch-polnisches Polizeiabkommen gibt dem Krimi zwar besondere Aktualität, macht ihn deshalb aber leider nicht zu einem guten Film.

Viele polnische Dialoge werden zu Anfang nicht synchronisiert, das ist an sich kein Problem, weil sich durch ähnliche Worte oder Reaktionen der Schauspieler der Sinn des Gesagten ergibt. Später reden aber zum Beispiel Mutter und Tochter des Getöteten zu Hause Deutsch, obwohl jeder in einem emotionalen Ausnahmezustand sicherlich in seine Muttersprache verfallen würde. Das macht keinen Sinn, und damit verliert der Film eine Portion Authentizität, die am Anfang noch charmant gewirkt hat. Ebenfalls nicht schlüssig ist die Einführung der Charaktere. Über den polnischen Kommissar Adam Raczek (Lucas Gregorowicz) erfährt man so gut wie nichts Persönliches, außer, dass er im Garten die Wäsche abhängt, anscheinend ein Kind oder eine Frau hat und sich gerne mal in Zeitlupe bewegt.

Das Ärgerlichste an diesem "Polizeiruf" ist aber das eigentlich Wichtigste: der Fall, der schon fast als albern zu bezeichnen ist. Es geht um Asylbewerber, tschetschenische Flüchtlinge, Boxkämpfe, Familiengeheimnisse - all das wirkt auf den Zuschauer wirr und fehl am Platz. Vielleicht hätte es für den Auftakt auch die Ermittlung gegen eine litauische Autoschieberbande getan, die mehr Platz gelassen hätte, die neuen Figuren und den besonderen Krimi-Ansatz zu entfalten.

Der zweite Fall für das neue deutsch-polnische Team ist bereits abgedreht und soll 2016 laufen. Der dritte Teil werde im kommenden Jahr entstehen, sagte Gregorowicz. "Ich habe erstmal für vier Filme unterschrieben - und dann muss man gucken, ob man sich liebhat." Liebe auf den ersten Blick wird das für den Zuschauer bei diesem Auftakt allerdings nicht.

"Polizeiruf 110 - Grenzgänger", So., ARD, 20.15 Uhr

(mso)
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