Tabubruch kritisiert Iran veröffentlicht erste Holocaust-Karikatur

Teheran (rpo). Der Streit um die Veröffentlichung hat eine neue Facette: Auf einer iranischen Internetseite erschien die erste Karikatur aus einem Wettbewerb zum Thema Holocaust, den ein iranisches Massenblatt ausgeschrieben hatte. Ein Zeichner aus dem australischen Melbourne habe das Bild "aus Solidarität mit der moslemischen Welt" eingeschickt, teilte die iranische Vereinigung "Haus der Karikatur" mit. Das weist der betroffene Zeichner jedoch von sich.

Dänische Karikaturen empören islamische Staaten
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Im Streit um die Karikaturen über den islamischen Propheten Mohammed hat ein australischer Zeichner Berichte zurückgewiesen, er habe für den von einer iranischen Zeitung initiierten Wettbewerb für Holocaust-Karikaturen Zeichnungen eingeschickt.

"Ich bin das Opfer einer schlimmen und böswilligen Manipulation", sagte Michael Leunig am Dienstag dem Rundfunksender ABC. Er habe erst in der Nacht zum Montag erfahren, dass die mehrere Jahre alten Zeichnungen für den Wettbewerb eingereicht und auf einer iranischen Website veröffentlicht worden seien.

Die Organisation veranstaltet zusammen mit der Teheraner Zeitung "Hamschari" aus Protest gegen den Abdruck von Karikaturen in europäischen Zeitungen, die den Propheten Mohammed zeigen, einen Karikaturen-Wettbewerb zum Völkermord an den Juden während des Nationalsozialismus. Der amtierende EU-Ratspräsident und österreichische Bundeskanzler Wolfgang Schüssel kritisierte die Veröffentlichung als Tabubruch.

Die Zeichnung des australischen Karikaturisten Michael Leunig zeigt auf dem ersten Bild mit dem Titel "Auschwitz 1942" einen Juden mit Davidstern und einem Bündel. Er betritt das Konzentrationslager durch das Tor mit der Inschrift "Arbeit macht frei". Auf einem zweiten Bild mit dem Titel "Israel 2002" ist derselbe Mann zu sehen. Dieses Mal strebt er mit einem Gewehr auf ein Tor zu, das dem KZ-Eingang ähnelt und die Inschrift "Krieg bringt Frieden" trägt.

Wo ist die Grenze der Meinungsfreiheit?

Zeitgleich mit der Veröffentlichung gab die von der konservativen Teheraner Stadtverwaltung herausgegebene Zeitung "Hamschari" den offiziellen Beginn des Karikaturen-Wettbewerbs unter dem Titel "Wo ist die Grenze der westlichen Meinungsfreiheit?" bekannt. "Die Meinungsfreiheit ist ein Vorwand für die Westler, den moslemischen Glauben zu beleidigen", hieß es in dem Blatt. Der Holocaust sei ein "Ereignis", dessen "Wahrheit zahlreiche Denker in Zweifel ziehen". Im Westen werde "jedoch selbst dieser Zweifel vom Gesetz bestraft."

Die Holocaust-Karikatur stelle einen Missbrauch von Symbolen und eine Tabuverletzung dar, sagte EU-Ratspräsident Schüssel nach einem Treffen mit Vertretern der christlichen, jüdischen und moslemischen Gemeinde in Wien.

Der EU-Außenbeauftragte Javier Solana trat eine Vermittlungsreise in den Nahen Osten an, um in der Region die Wogen der Empörung über die Mohammed-Karikaturen in europäischen Zeitungen zu glätten. Die EU habe die Gefühle der moslemischen Welt nicht verletzen wollen, sagte Solana nach einem Treffen mit dem dem Generalsekretär der Organisation der Islamischen Konferenz (OIC), Ekmeleddin Ihsanoglu, im saudiarabischen Dschiddah. "Die Moslems in Europa nehmen den Platz der Juden während des Zweiten Weltkriegs ein", klagte Ihsanoglu.

Proteste gehen weiter

In der moslemischen Welt gingen die Proteste gegen die Mohammed-Karikaturen weiter. Demonstrationen fanden in Indonesien, auf den Philippinen und in den Palästinensergebieten statt. Das Parlament in Bangladesch verurteilte die Karikaturen einem Bericht der staatlichen Nachrichtenagentur BSS zufolge einstimmig als Provokation.

Der Sprecher der jüdischen Gemeinde im Iran, Harun Jaschajai, kritisierte den iranischen Präsidenten Mahmud Ahmedinadsched, der am Samstag den Holocaust erneut als "Mythos" bezeichnet hatte. Diese Äußerungen bestürzten die Welt und machten der "kleinen jüdischen Gemeinschaft" im Iran Angst, schrieb Jaschajai.

(afp2)
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