Germany's Next Topmodel Heidi Klum produziert Trash-Nachwuchs für TV-Deutschland

Düsseldorf · Zum zehnten Mal gibt Heidi Klum (41) nun vor, Deutschlands nächstes Topmodel zu suchen. Tatsächlich produziert sie verlässlich wie keine andere Nachschub für andere Trash-Reality-Formate. Zu ihrem Superstar-Status in den USA passt das so gar nicht.

Es wäre ein schönes Experiment, die zwei Welten der Heidi Klum aufeinanderprallen zu lassen. Auf der einen Seite ihre A-Promi-Freunde aus den USA, darunter ihr Lebensgefährte, der New Yorker Kunsthändler Vito Schnabel, oder die TV-Stars Ellen DeGeneres oder Jimmy Fallon, die sie seit Jahren gern in ihre Talkshows einladen. Auf der anderen die "Meedchen", die sie in ihrer ProSieben-Show "Germany's Next Topmodel" (GNTM) an die Öffentlichkeit gebracht hat, also etwa Nacktmodel Micaela Schäfer, Silikon-Prollette Gina-Lisa Lohfink, Sarah Dingens oder Sara Kulka, die frühzeitig aus dem langweiligsten Dschungelcamp aller Zeiten ausschied.

Vermutlich würden sich Heidis Freunde aus Amerika irritierte Blicke zuwerfen und sich fragen, was die berühmteste Deutsche in den USA neben Angela Merkel so treibt, wenn sie über den großen Teich nach Germany fliegt. In ihrer amerikanischen Wahlheimat ist Heidi Klum, die inzwischen neben der deutschen auch die US-Staatsbürgerschaft besitzt, ein Star der ersten Reihe, eine Frau, die selbstverständlich auf den roten Teppichen der Oscars, Golden Globes und Emmys zuhause ist. Für den wichtigsten Fernsehpreis der Welt war sie schon mehrfach nominiert, 2013 erhielt sie ihn für die Moderation der US-Show "Project Runway", in der sie Nachwuchsdesigner sucht.

Dort präsentiert sie sich sehr viel seriöser als bei "GNTM", nimmt die Kandidaten ernst und vermittelt den Eindruck, tatsächlich nach erfolgversprechenden Talenten zu suchen. Irgendwo über dem Atlantik scheint die vierfache Mutter aber einen Schalter umzulegen, wenn es nach Deutschland geht, und begibt sich in den Trash-Modus. Die Stimme wird kieksiger, die Gestik wilder und die Grimassen alberner. Feixend sitzt sie zwischen ihren Co-Juroren Thomas Hayo und Wolfgang Joop und begutachtet junge Mädchen, die sich vor ihr in zu hohen Schuhen lächerlich machen, weil sie hoffen, irgendwie berühmt zu werden.

Taranteln auf dem Kopf

Heidi gibt mal die Geschockte, selten die Begeisterte, meistens äfft sie die Kandidatinnen nach und erklärt vom Sockel des Über-Mega-Topmodels aus, warum dieses oder jenes Mädchen noch einen ganz weiten Weg vor sich habe, wenn es Germany's Next Topmodel werden wolle. Das ist gleich doppelt perfide. Denn der "Weg" besteht nicht aus einem zielführenden Training, sondern aus sinnentleerten Challenges, bei denen die Mädchen in Bikinis über die Promenade von Klums Heimat Los Angeles stöckeln oder bei Fotoshootings Taranteln auf den Kopf gesetzt bekommen. Und am Ende wird auch die Gewinnerin mitnichten ein Topmodel, sondern höchstens ein C-Promi.

Das ist beileibe keine neue Erkenntnis, doch es sagt viel über die Profitgier des Klum-Clans aus, dass er sich nun schon in der zehnten Staffel auf ein derart betrübliches Niveau begibt, nur um aus der Marke Heidi Klum mit ihren vielen in der Sendung vertretenen Werbepartnern noch ein paar Zusatz-Euros herauszuquetschen. Die "Gewinnerin" erwartet ein Knebelvertrag mit der Modelagentur von Vater Günther Klum, aus dem sich schon mehrere Ex-Teilnehmerinnen herausgeklagt haben, weil sie angeblich bis zu 40 Prozent ihrer Einnahmen abgeben mussten. Potenziell alle Kandidatinnen, die über genug Mediengeilheit verfügen, erwartet eine passable Karriere im Dunstkreis von Promi-Dinner, Bluebox-Kommentaren zu lustigen Videos und jedem Reality-Format von Big Brother zu "Ich bin ein Star — Holt mich hier raus!".

Das Gute an Ex-Teilnehmerinnen einer Modelshow ist, dass sie in der Regel groß, schlank und gutaussehend sind und im Idealfall auch noch naiv-blöd — der feuchte Traum eines jeden Casters für Trash-Shows. Mindestens ein Drittel des Dschungelcamps besteht seit Jahren aus Ex-"GNTM"-Frauen, die sich auch gerne vorher noch für den "Playboy" ausziehen, wie zuletzt Sara Kulka. Andere wie die Gewinnerin der zweiten Staffel, Barbara Meier, fristen ihr Leben auf roten Teppichen jedes noch so nichtigen Events, um ein wenig Blitzlicht abzubekommen.

Der ganze traurige Zirkus wiederholt sich nun erneut, und am Ende von Staffel zehn wird es eine Gewinnerin geben, die zwei Minuten später egal ist, und ein paar neue Gesichter für die florierende Billig-TV-Branche. Wenn die ihre ersten Interviews geben, sitzt Heidi bereits im Flieger nach Amerika. Vermutlich hat sie die Show schon vergessen, wenn sie am ersten Champagner in der First Class nippt.

(ges)
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