Polizeiarbeit massiv kritisiert England: Vermisste Mädchen ermordet

London (rpo). Vor zwei Wochen sind zwei Mädchen in England verschwunden. Am Samstag hat die Polizei erklärt, dass die beiden offenbar von einem zuvor verhafteten Paar aus ihrer direkten Umgebung ermordet wurden.

Ihre ehemalige Hilfslehrerin Maxine Carr (25) und deren Verlobter, der Schulhausmeister Ian Huntley (28), wurden am Samstag als Tatverdächtige festgenommen.

Holly Wells und Jessica Chapman, zwei zehn Jahre alte Freundinnen aus Soham bei Cambridge, waren vor knapp zwei Wochen verschwunden. Nach der Festnahme der beiden mutmaßlichen Mörder zweier vermisster Mädchen in England sind zwei Leichen entdeckt worden. Die Polizei konnte zunächst allerdings noch nicht bestätigen, dass es sich dabei um die beiden zehn Jahre alten Freundinnen Holly Wells und Jessica Chapman handelte. Die Leichen wurden etwa elf Kilometer vom Heimatort der beiden Mädchen entfernt in der Nähe einer Autobahn gefunden.

Eine Durchsuchung der Grundschule der Mädchen und der unmittelbar benachbarten weiterführenden Schule in Soham habe aber "Objekte von großer Wichtigkeit" zu Tage gefördert, sagte Chefinspektor Andy Hebb. Huntley wurde daraufhin "wegen Mordes und Entführung", Carr "wegen Mordes" festgenommen. Beide waren am Freitagabend Stunden lang verhört worden. Ihr Haus wurde durchsucht. Das Haus von Huntleys Vater im Nachbarort Littleport wurde am Samstag abgesperrt und sollte ebenfalls durchsucht werden.

Verdächtige sind TV-Zuschauern bekannt

Sowohl Huntley als auch Carr sind den britischen Fernsehzuschauern seit über einer Woche bekannt. Sie hatten sich während der Suchaktion immer wieder vor der Kamera geäußert. Huntley berichtete, er habe die Mädchen noch kurz vor ihrem Verschwinden am Sonntag vergangener Woche gesehen und mit ihnen mehrere Minuten lang geplaudert.

Carr zeigte eine Abschiedskarte, die Holly Wells ihr gemalt hatte, als ihr Arbeitsvertrag an der Schule im vergangenen Monat ausgelaufen war. Sie hatte die beiden Freundinnen bis Juli mit unterrichtet und wurde von ihnen mit dem Vornamen angesprochen. Als sie die Klasse verließ, weinte Holly. Jessica wollte ihre Brautjungfer werden. Nach dem Verschwinden der Mädchen gab Carr der Polizei den "Tipp", die beiden Computer-versierten Schülerinnen könnten von einem Pädophilen aus einem Internet-Chatroom weggelockt worden sein. Die Motive des Paars sind vorerst unklar. Nach Zeitungsberichten wurde Huntley schon seit über einer Woche verdächtigt und rund um die Uhr beobachtet.

Reporter kritisierern Polizei

Die Polizei wurde am Samstag von Reportern des britischen Fernsehens massiv kritisiert, weil sie den Schulkomplex von Soham nicht eher durchsucht hatte. In der weiterführenden Schule - wo nun die entscheidenden Hinweise zur Lösung des Falles gefunden wurden - hatte die Polizei ihre täglichen Pressekonferenzen abgehalten.

Die Ermittler hatten bereits seit längerem vermutet, dass der Schlüssel zur Lösung des Falles in der kleinen Heimatgemeinde der beiden verschwundenen Mädchen liegen müsse. Bis Freitagabend hatte sich die Polizei dabei zumindest nach außen hin zuversichtlich gezeigt, dass die Kinder noch am Leben sein könnten. An der Suche nach den Mädchen waren zuletzt über 400 Polizisten beteiligt. Es war eine der größten Operationen dieser Art in der britischen Kriminalgeschichte. Das Schicksal der beiden Freundinnen ist seit fast zwei Wochen das beherrschende Thema in den britischen Medien.

Beten für die ermordeten Freundinnen

In Soham bei Cambridge, wo die Kinder zu Hause waren, war die Kirche am Sonntag zu klein für die vielen hundert Menschen, die für die ermordeten Freundinnen beten wollten. Blumen und Karten wurden niedergelegt. Die Verdächtigen wurden unterdessen weiter vernommen. Sie waren den britischen Fernsehzuschauern schon vor ihrer Festnahme bekannt, weil sie sich immer wieder vor der Kamera geäußert hatten. Huntley berichtete, er habe mit den Mädchen noch kurz vor ihrem Verschwinden geplaudert.

(RPO Archiv)
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