Deutsche Bischofskonferenz Zollitsch zum neuen Vorsitzenden gewählt

Würzburg (RPO). Der Freiburger Erzbischof Robert Zollitsch ist neuer Vorsitzender der katholischen Deutschen Bischofskonferenz. Der 69-Jährige wurde am Dienstag im Kloster Himmelspforten bei Würzburg von seinen Bischofskollegen zum Nachfolger von Kardinal Karl Lehmann gewählt. Dieser stand 21 Jahre an der Spitze der Bischofskonferenz, war aber aus Gesundheitsgründen zurückgetreten.

2008: Robert Zollitsch - Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz
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2008: Robert Zollitsch - Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz

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Neben dem populären Kardinal Karl Lehmann wirkt Robert Zollitsch ein bisschen verloren. Blass sieht der Freiburger Erzbischof aus, der Blick hinter der gold umrandeten Brille scheint sich mehr nach innen als nach außen zu richten. "Ich musste noch etwas nach Luft ringen, als das Wahlergebnis da war", beschreibt der neue Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz am Dienstag den Moment seiner Wahl.

Dass er gewonnen hat, ist keine Sensation, aber doch eine kleine Überraschung. Denn der vor allem Bescheidenheit ausstrahlende 69-Jährige setzte sich gegen den Münchner Reinhard Marx durch, der 15 Jahre jünger ist und für großen Tatendrang steht.

Wettbewerb mit Marx gesucht

Zollitsch hat den Wettbewerb mit Marx gesucht und offenbar vor allem dank seines stillen Wesens gewonnen. Von seiner Zurückhaltung, Bescheidenheit und menschlich gewinnenden Art schwärmen seine Bischofskollegen, nachdem sie Zollitsch in Würzburg zum Lehmann-Nachfolger gekürt haben. Drei Wahlgänge lieferten sich Zollitsch und Marx in ihrem Duell der ungleichen Kandidaten. Hätte Marx gewonnen, hätte er sich als geschwächt bezeichnen lassen müssen.

Bei Zollitsch ist dies anders: Er ist schon 69 Jahre alt und wird damit von vornherein nur eine Amtszeit absolvieren. Sein Auftrag ist so zu verstehen, einen Übergang von der mehr als 20-jährigen Ära Lehmann zu einem dann ebenfalls längerfristigen Vorsitzenden - der weiterhin Marx heißen kann - zu schaffen.

Der neue Vorsitzende der Bischofskonferenz macht keinen Hehl daraus, dass er von der Grundrichtung nicht viel anders machen möchte als sein Vorgänger. "Ich sehe meine Aufgabe in Kontinuität." Auch menschlich und theologisch sehe er sich mit dem als liberal geltenden Lehmann auf einer Linie. Seine Bischofskollegen hätten offensichtlich sein Bemühen verstanden, "Brücken zu bauen, Konsens herzustellen", sagt Zollitsch. Zu seinem Widersacher Marx sieht er keinen Bruch. Es gebe keine inhaltlichen Differenzen zwischen ihnen beiden. "Ich helfe Dir mit", habe der neben ihm sitzende Marx spontan nach dem entscheidenden Wahlgang gesagt.

Internierungslager der Kommunisten

Zollitsch gehört zu der auch in der Bischofskonferenz immer schwächer vertretenen Kriegsgeneration. Geboren wurde er am 9. August 1938 in Philippsdorf im heutigen Serbien als Angehöriger der Donauschwaben. In seinem Heimatort wurde er 1944 Augenzeuge eines Massakers durch die Partisanen Titos, bei dem 212 Menschen, darunter sein älterer Bruder, getötet wurden. "Ich war damals sechs Jahre alt und erinnere mich an viele Details", berichtete der Theologe später.

Zum Ende des Zweiten Weltkriegs kam Zollitsch in ein Internierungslager der Kommunisten, wo er ebenfalls Erschießungen mitansah. Die blutigen Erfahrungen nahm er als Ansporn für sein weiteres Leben. "Wer sich nicht kleinkriegen läßt, hat die Chance, durchzuhalten und zu überleben - vor allem dann, wenn er weiß, wofür er lebt und wofür er eintritt", ist seither sein Motto.

Später zog seine Familie nach Mannheim. Im Südwesten fand Zollitsch bis heute seine Heimat. 1965 wurde er in Freiburg zum Priester geweiht. Er wurde dort Dozent am Priesterseminar, Mitte der 70er Jahre dann Direktor. Von 1983 an arbeitete Zollitsch 20 Jahre bis zu seiner Ernennung zum Bischof als Personalreferent der Freiburger Erzdiözese. Seit 2004 ist er auch Vorsitzender des Verbandes der Diözesen Deutschlands. Dieser verwaltet die Finanzen der katholischen Kirche, womit Zollitsch einen Schlüsselposten innehatte. Dass er diesen ebenso geräuschlos wie effektiv ausfüllte, dürfte mit ausschlaggegend für seine Wahl gewesen sein.

Theologisch wird der neue Vorsitzende wohl deutlich weniger Akzente setzen als Lehmann - mit bahnbrechenden Schriften ist Zollitsch bislang nicht aufgefallen. Dafür hat er in der Neuorganisation der Kirchengemeinden Akzente gesetzt. Was er in seinem neuen Amt als erstes machen werde, wisse er noch nicht, so Zollitsch am Dienstag. Aber er lässt keinen Zweifel daran, dass er nicht in seiner Bescheidenheit verharren, sondern künftig die katholische Kirche in Deutschland aktiv lenken will.

(afp)
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