Lehmann-Nachfolger Gesucht: neue Stimme der Katholiken

Würzburg (RP). Die Deutsche Bischofskonferenz wählt heute einen neuen Vorsitzenden. Der scheidende Karl Kardinal Lehmann blickt auf seine 20 Amtsjahre als "Einer unter Gleichrangigen" zurück – an der Spitze einer Organisation, die knapp ein Drittel der Bevölkerung repräsentiert.

Würzburg (RP). Die Deutsche Bischofskonferenz wählt heute einen neuen Vorsitzenden. Der scheidende Karl Kardinal Lehmann blickt auf seine 20 Amtsjahre als "Einer unter Gleichrangigen" zurück — an der Spitze einer Organisation, die knapp ein Drittel der Bevölkerung repräsentiert.

Heute wird in Würzburg hinter den dicken Mauern des Klosters Himmelspforten der neue Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz gewählt. Bestimmt wird das neue Gesicht und die neue Stimme der größten Bürgerinitiative des Landes: der katholischen Christen Deutschlands.

Zwar bezeichnete der aus Gesundheitsgründen scheidende Vorsitzende, Karl Kardinal Lehmann, gestern seine Funktion bescheiden als nicht einmal die eines primus inter pares (Erster unter Gleichrangigen), sondern als unus inter pares (Einer unter Gleichrangigen). Aber gerade Lehmann hat in den vergangenen 21 Jahren gezeigt, was eine Persönlichkeit mit viel menschlicher und intellektueller Strahlkraft aus dem Amt machen kann.

Der neue Vorsitzende repräsentiert rund 25,5 Millionen Katholiken. Das sind etwa 31 Prozent der deutschen Bevölkerung. Keine politische Partei, keine Gewerkschaft, weder der Deutsche Fußballbund noch sonst ein Verband oder Verein kommt auf so viele Mitglieder wie der deutsche Teil der 2000 Jahre alten römischen Weltkirche.

Lehmann, der noch bis Montag amtieren wird, hatte zwar Recht, als er frei nach Papst Johannes' XXIII. berühmter Selbstverpflichtung "Giovanni, nimm dich nicht so wichtig" resümierte: "Alles, was ich als Vorsitzender unternommen habe seit 1987, habe ich mit anderen zusammen getan." Aber wahr ist eben auch, dass mit der Entwicklung der allseits präsenten Medien der Vorsitzende, und vor allem er, im Zentrum des öffentlichen Interesses steht, wo immer es um die katholische Position in der deutschen Welt geht. "Eigentlich", so sagte es Lehmann, "darf man als Vorsitzender der Bischofskonferenz keinen Ort meiden im Bereich von Kultur, Wissenschaft, Technik, denn die Leute rufen mehr nach uns, als wir uns das manchmal selbst vorstellen".

Der eher glaubensferne Philosoph Jürgen Habermas hat vor kurzem zum wiederholten Male vorhergesagt, Religion werde aus den modernen Gesellschaften nicht verschwinden. Umso wichtiger wird sein, wer heute nach geheimer Wahl aus dem Burkardussaal des Exerzitienhauses in Himmelspforten als Lehmanns Nachfolger heraustreten wird.

Es ist ein bisschen wie ein kleines Konklave. Die wahlberechtigten Kleriker sind gehalten, das Gelände am Rande Würzburgs nicht zu verlassen. Gestern Abend feierten sie im St.-Kilians-Dom einen Gottesdienst, danach ging es auf die kargen Kloster-Zimmer.

Der Sekretär der Bischofskonferenz, Jesuitenpater Hans Langendörfer, zog im Klosterpark mit spitzbübischem Lächeln seine eigene Parallele zu Gepflogenheiten vor dem vatikanischen Konklave. Auch dort gebe es vor der Papstwahl ja schließlich strukturierte Meinungsbildung. Das meint zwar nicht eine vornehme Variante rheinischer Klüngelei; es bedeutet aber das Gegenteil von Enthaltsamkeit beim Beraten, Wägen und Wagen. Die Wahlberechtigten stecken diskret die Köpfe zusammen, um zu ermitteln, wer wohl der am besten Geeignete unter ihnen sei.

Auf die Frage, ob Benedikt XVI. bislang auf seine Rücktrittsankündigung reagiert habe, sagte Lehmann: "Bis jetzt noch nicht." Dies verwundere aber keineswegs, da aus römischer Universalkirchen-Sicht die deutsche Bischofskonferenz nur eine von weltweit 113 dieser Art sei. Lehmann versuchte auch, immer wieder keimende Spekulationen zu entkräften, wonach er und der neun Jahre ältere deutsche Papst nicht auf bestem Fuße miteinander stehen: "Das sind Märchen, ich bewundere das große theologische Format des Papstes, er ist eine ganz außerordentliche Persönlichkeit." Er, Lehmann, zweifle nicht an dessen fortbestehenden Freundschaft. Seit der Wahl von Joseph Kardinal Ratzinger zum Pontifex maximus habe man sich nicht so oft gesehen, aber, so Lehmann: "Was soll ich dem Papst soviel Zeit stehlen."

(RP)
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