NSU-Prozess Mord an Polizistin: Kollege kann sich nicht erinnern

München · Im NSU-Prozess vor dem Oberlandesgericht München ist am Donnerstag zum ersten Mal der Mord an der Polizistin Michèle Kiesewetter im April 2007 in Heilbronn behandelt worden.

NSU-Prozess: Beate Zschäpe vor Gericht
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Zu den dazu vernommenen Zeugen zählte auch Kiesewetters Kollege, der mit einem Kopfschuss damals lebensgefährlich verletzt wurde. Der seitdem schwerbehinderte 31-Jährige konnte sich an den Tatablauf nicht mehr erinnern.

Der Polizistenmord von Heilbronn gibt den Ermittlern bis heute die größten Rätsel in der Serie der zehn dem rechtsextremen Nationalsozialistischen Untergrund (NSU) zugerechneten Morden auf. Kiesewetter und ihr Kollege waren die einzigen Opfer ohne Migrationshintergrund. Ermittlungen, ob die aus Thüringen stammende Polizistin und die ebenfalls aus Thüringen stammenden NSU-Terroristen Uwe Böhnhardt, Uwe Mundlos und Beate Zschäpe sich persönlich kannten, blieben ohne Ergebnis.

Böhnhardt und Mundlos sollen sich Anfang November 2011 nach einem missglückten Banküberfall das Leben genommen haben. Als einziges noch lebendes NSU-Mitglied sitzt in München Zschäpe vor Gericht, diese schweigt aber zu den Taten. Die Bundesanwaltschaft geht inzwischen davon aus, dass Böhnhardt und Mundlos den Polizistenmord aus Hass auf den Staat verübten.

Kiesewetters damals ebenfalls angeschossener Kollege Martin A. sagte aus, er hadere bis heute mit den unaufgeklärten Tatumständen. "Das Motiv fehlt, das Motiv ist nicht da", sagte A. Die Ermittlungen in dem Fall seien ins Leere gegangen. A. befand sich nach dem Kopfschuss wochenlang in Lebensgefahr und leidet bis heute körperlich an den Folgen sowie an einem Trauma.

Kollege kann sich an den Tathergang nicht erinnern

Er könne sich nur noch daran erinnern, wie er damals mit Kiesewetter für eine Pause auf die Heilbronner Theresienwiese gefahren sei, wo die Tat geschah, sagte der 31-Jährige. "Dann hört es auch schon langsam auf." Versuche, ihn unter Hypnose zu vernehmen, brachten keine schlüssige Aussage.

Der Polizist war nach eigenen Worten damals für Maßnahmen gegen die Drogenszene nach Heilbronn beordert worden. Es sei nach seiner Ausbildung in der Polizeischule der erste solche Einsatztag für ihn gewesen. Kiesewetter hingegen sei zuvor schon mehrmals in Heilbronn gewesen und habe sich ausgekannt, weshalb sie auch den Streifenwagen gefahren habe.

Der Ort, an dem Kiesewetter und A. damals eine Pause machten, war nach Angaben von mehreren am Donnerstag als Zeugen vernommenen Polizisten ein bekannter Pausenort von Polizisten. Der Bereich der Theresienwiese sei bekannt dafür gewesen, dass dort wenig Publikumsverkehr sei und die Beamten so ungestört von Passanten auch in Uniform eine Pause machen können.

Die damals zuerst am Tatort eingetroffenen beiden Polizisten sagten aus, dass Kiesewetter bereits bei ihrem Eintreffen wenige Minuten nach der Alarmierung tot gewesen sei. A. habe dagegen noch kurz die Augen geöffnet und sei direkt von Sanitätern versorgt worden. Bereits nach kurzer Zeit sei aufgefallen, dass beiden Beamten die Dienstwaffen entwendet worden seien, sagte einer der Zeugen aus. Die Waffen wurden im November 2011 neben den Leichen von Böhnhardt und Mundlos entdeckt.

(AFP)
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