Zahl der Gemeinden soll reduziert werden Das Ende der Ortskirche?

Düsseldorf (RP). Bei einem Kongress in Wittenberg debattiert die evangelische Kirche seit Donnerstag über Reformen. Ein Vorschlag: Die Zahl der Ortsgemeinden soll drastisch reduziert werden.

Es gibt in Deutschland 26 Millionen evangelische Christen in 23 Landeskirchen, die in 20.000 evangelische Kirchengebäude gehen und dort auf rund 20.000 evangelische Pfarrer treffen. Im Jahr 2030 wird es wohl nur noch 17 Millionen Protestanten und 16.500 Pfarrer geben - und viele Kirchengebäude, in die schon lange kein Gläubiger mehr einen Fuß gesetzt hat.

Kurz, wenn sich in Wittenberg 300 Vertreter des deutschen Protestantismus zu einem Zukunftskongress treffen, dann haben sie Entwicklungen vor Augen, die dramatisch sind. Die Kernfrage lautet: Wie erfüllt die Kirche in Zukunft ihren Auftrag?

Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD), die Dachorganisation der 23 Landeskirchen, hat dazu ein Papier ("Kirche der Freiheit") vorgelegt, in dem die wesentlichen Zahlen genannt und Reformvorschläge gemacht wurden. Unter anderem soll die Zahl der Landeskirchen auf höchstens zwölf reduziert werden. Auch wenn das wie eine gewaltige Flurbereinigung aussieht - die dramatische, wirklich riskante Weichenstellung steht den Ortsgemeinden bevor.

Das EKD-Papier listet auf: Heute sind 80 Prozent der Gemeinden gleichsam normale Kirchengemeinden; die restlichen 20 Prozent sind "Profil-" oder "Netzwerk"-Gemeinden mit besonderen Schwerpunkten.

Die EKD schlägt vor, die Zahl der Ortsgemeinden auf 50 Prozent zu verringern - zugunsten der anderen Gemeindetypen. Die Hoffnung dahinter: mit Projekten voller Ausstrahlung Menschen zu erreichen, die mit der klassischen Heimatgemeinde wenig anfangen können. Hier geht es um das Herz der Kirche, hier beginnt der Streit.

Nikolaus Schneider, Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland, sprach sich gegen die Reduzierung der Ortsgemeinden aus. Die rheinische Kirche, sagte er, "will sich nicht aus der Fläche zurückziehen". Die Befürchtung dahinter: Der Rückzug aus der Fläche könnte erst recht den Schwund der Gläubigen befördern, denn die identifizieren sich stark mit "ihrer" Kirche um die Ecke - was etwa dann zu spüren ist, wenn es um Spenden für ein Projekt in der eigenen Gemeinde geht.

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