Kommentar Aus der Politik zurück in den Berufsalltag

Kommentar · Nicht wieder abhängen lassen

Tief in der Wahlnacht war endgültig klar, was Monika Ruff-Händelkes befürchtet hatte: Ihr respektabler 15. Listenplatz auf der SPD-Landesliste reichte nicht zur Rückkehr in den Düsseldorfer Landtag. Die Liste zog nur bis zum sechsten Rang. Nun muss die Viersenerin ihr Abgeordnetenbüro räumen, ihren drei Teilzeit-Beschäftigten kündigen: "Das fällt schwer, an sie denke ich zuerst." Gefreut hat sich die 50-Jährige über einen dicken Blumenstrauß ihres Ortsvereinschefs am Wahlabend.

Die Kommunalpolitik wird die Kreistagsabgeordnete, Stellvertretende SPD-Kreisvorsitzende und Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer Frauen nicht los lassen. Vorausschauend hat sich die gelernte Arzthelferin beruflich eine zweite Perspektive offen gelassen. Sie nimmt nach dreijähriger Unterbrechung ihr weit gediehenes Sozialmanagement-Studium in Mönchengladbach wieder auf. Für den Abschluss muss sie noch zwei Klausuren im Juli schreiben, für die sie sich rechtzeitig angemeldet hat. Es folgt die Diplom-Arbeit. Nach dem Examen möchte sie in der Leitung einer sozialen Institution mitarbeiten. Sie hofft, mit bald 50 Jahren eine Chance zu bekommen.

Aussichtslos

Auch der Vorster Uwe Leuchtenberg muss sich beruflich neu orientieren. Allerdings war es für den Noch-Abgeordneten der SPD keine Überraschung, nicht wieder in den Landtag gewählt zu werden. Sein 68. Listenplatz war von vornherein aussichtslos. Dennoch spürt der 52-Jährige "eine gewisse Traurigkeit", wo doch jetzt die Chance, mit einer womöglich SPD-geführten Landesregierung Politik mitzugestalten, "eine Supersache" wäre.

Jetzt versucht Leuchtenberg, in seinem "angestammten und gern gemachten Job" in der Energiewirtschaft wieder Fuß zu fassen. Der Industriefachwirt war bis Juni 2005 bei den Stadtwerken Tönisvorst im Privat- und Gewerbekundenvertrieb tätig bzw. dann mit reduzierter Stundenzahl bei den Niederrheinwerken Viersen. Der Kommunalpolitik bleibt er treu. Er ist stellvertretender Bürgermeister in Tönisvorst, ist Stellvertretender SPD-Kreisvorsitzender, engagiert sich als Aufsichtsratschef für das Antoniuszentrum, dem Kranken- und Seniorenzentrum in St. Tönis. Leuchtenberg: "Für solche Aufgaben werde ich in Zukunft sicher ein paar Stunden mehr Zeit haben."

Ob der Kreis Viersen eher Vor- oder Nachteile von einer neuen landesregierung zu erwarten hat, lässt sich heute nicht absehen. Unbestreitbar ist der Kreis allerdings mit dem gesamten Niederrhein und der Grenzregion von der jetzt abgewählten Landesregierung wesentlich stärker beachtet worden als in den Jahren zuvor, als die SPD die Ministerpräsidenten stellte. Ausnahmen bestätigen die Regel und waren vor allem der energisch auftretenden Viersener Abgeordneten Marie-Luise Morawietz zu verdanken. In Düsseldorf waren die Vorbereitungen für eine grenzüberschreitende Verknüpfung von Wissenschaft und Unternehmen bereits im vollen Gange. Ob die naturgemäß auf das Ruhrgebiet konzentrierte SPD diese Arbeit mit dem selben Engagement fortsetzen wird, ist zunächst zu bezweifeln. Umso mehr wird der SPD-Kreisvorsitzende Udo Schiefner seine ganze Autorität und seine beachtlichen Kontakte in die SPD hinein nutzen müssen, wenn Hannelore Kraft Ministerpräsidentin werden sollte. Vielleicht zahlt sich noch aus, dass der frühere SPD-Kreisgeschäftsführer Ibrahim Yetim jetzt Abgeordneter in Moers ist.

(RP)
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