Tönisvorst Böse Überraschungen im Briefkasten

Tönisvorst · Seit drei Jahren wird ein Paar aus Tönisvorst von einer anderen Person anonym belästigt. Die nervliche Belastung ist sehr hoch. Die Polizei rät, Anzeige zu erstatten, Beweise zu sammeln und sich bei einer Opferhilfestelle beraten zu lassen.

Der erste Anruf kam am Geburtstag von Susanne Kraus*. Die heute 58-Jährige nahm den Hörer in Erwartung einer freundlichen Gratulation ab. Aber am anderen Ende der Leitung war niemand, der etwas Freundliches sagen wollte. Im Gegenteil: Statt einer Gratulation wurde die Tönisvorsterin mit obszönen Wörtern beschimpft und beleidigt.

Drei Jahre ist das jetzt her. Seitdem hat Susanne Kraus mehrere Anrufe dieser Art bekommen. Auch an sie adressierte Briefe voller Beschimpfungen und böser Unterstellungen fanden sich in ihrem Briefkasten. Im Laufe der Zeit wurde die Belästigung immer boshafter: Fäkalien und halbverweste Tiere im Briefkasten, Pakete aus dem Erotik-Versandhandel, verklebte Autoschlösser und eingeritzte Schimpfwörter im Autolack erwarteten Susanne Kraus und ihren Lebensgefährten Hans Mertens* am Morgen.

Susanne Kraus kann ohne Beruhigungstropfen nicht mehr schlafen und hatte einen Hörsturz. Wenn sie ihre Geschichte erzählt, zittern ihre Hände. Ihr 63-jähriger Lebensgefährte wirkt, als habe ihn die letzte Zeit viel Kraft gekostet. Stalking ist der Fachbegriff für Übergriffe dieser Art. "Stalker verfolgen, belästigen und bedrohen andere Personen", erklärt Peter Ewald vom Opferschutz der Polizeibehörde Viersen. Zwar sind Susanne Kraus und Hans Mertens nie körperlich bedroht oder offensichtlich verfolgt worden, aber die psychische Belastung, die diese Art der Belästigung mit sich bringt, ist dem Paar deutlich anzusehen.

Während Susanne Kraus' Nerven stark angegriffen sind, wirkt ihr Freund hilflos, fast lethargisch. "Wir können uns nicht dagegen wehren", sagt der 63-Jährige. Zu Anfang hat das Paar noch gekämpft. "Wir haben eine Fangschaltung machen lassen und eine Kamera installiert", erzählen die Tönisvorster. Der Verdacht, den sie hatten, hat sich bestätigt: Die Ex-Freundin von Hans Mertens steckt hinter den Taten.

Als die Polizei die Frau verhörte, leugnete sie, Susanne Kraus bei dem Anruf belästigt zu haben. Auch bei einer Durchsuchung in der Wohnung der Frau fanden die Beamten kein belastendes Material. Und weil die Kamera keine Aufnahmen davon gemacht hatte, wie die Frau sich am Auto zu schaffen gemacht hat, fehlte auch dafür der Beweis. "Wir haben zwar noch die Briefe, aber keine Schriftprobe als Vergleich", sagt Hans Mertens.

Ein ganzer Ordner voller Fotos dokumentiert die Leidensgeschichte des Tönisvorster Paares. Darunter ist auch der Brief eines Anwalts, den die beiden einschalten wollten. "Aufgrund mangelnder Beweislage lehnt unsere Kanzlei das Mandat ab", ist da zu lesen. Susanne Kraus und Hans Mertens fühlen sich völlig machtlos. Die bösen Überraschungen, die alle vier bis fünf Wochen mit der Post kommen, sich morgens auf dem Autolack finden oder durchs Telefon vermittelt werden, haben sie mürbe gemacht.

Ganz aufgeben wollen die Tönisvorster aber nicht. "Wir haben den Briefkasten zuschweißen lassen", erzählt Susanne Kraus. Außerdem ist das Paar auf der Suche nach einer Garage für das Auto und will erneut Telefonnummer ändern lassen. In Kürze steht auch eine Gerichtsverhandlung an. Die Anklage lautet auf Nachstellung. "Aber wahrscheinlich wird sie wieder alles abstreiten", sagt Hans Mertens müde.

*Name von der Redaktion geändert

(WS03)
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