Alpen Erinnerungen im Café "anno dazumal"

Alpen · Am Montag hatte ein spezielles Angebot für Menschen mit Demenz Premiere: Sie sind künftig immer montags in das Amalien-Café an der Burgstraße in Alpen eingeladen. Beim Kaffeeplausch wird gesungen und musiziert.

Frischer Kaffeeduft, Kuchen und adventliche Lieder — so lässt man sich im Café "Anno dazumal" die vorweihnachtliche Zeit gefallen. Das Angebot richtet sich an Menschen mit Demenz, die rund um Alpen wohnen, mobil und offen für Abwechslung sind.

In Kamp-Lintfort und Moers existiert ein derartiges Angebot bereits, das sich einerseits an den dementiell veränderten Menschen, aber auch an die Angehörigen richtet, wie Bärbel Köhler, Inhaberin des Pflegedienstes "Ihre mobile Pflege" weiß. "Angehörige brauchen in der Pflege und Betreuung eines dementiell Erkrankten Freiraum für sich, um auch eigene Dinge erledigen zu können", sagt Bärbel Köhler. Pflege von Menschen mit Demenz ist in der Familie ein 24-Stunden-Einsatz. An die eigene Auszeit wird oft genug nicht gedacht. "Pflegende Angehörige plagt dann ein schlechtes Gewissen", sagt Bärbel Köhler Freiraum sei aber lebenswichtig. "Pflegende gehen häufig über die eigene Grenze hinaus und können durch die Überbeanspruchung die Pflegebedürftigen von morgen werden."

Am Montag startete das Projekt Demenzcafé in Alpen, im Amalien-Café an der Burgstraße. Axel Theising hat dieses Angebot für das Alpener Umland mit angestoßen und fand bei der Evangelischen Kirchengemeinde umgehend Unterstützung.

Das Demenzcafé ist das Ergebnis einer sogenannten Potenzialberatung, die der Theologe im Auftrag des Landes NRW durchführte. "Ein höchst vernünftiges Angebot. Wir werden erleben, wie stark das Thema noch in den Vordergrund rückt", meint Pfarrer Dr. Hartmut Becks. Mittlerweile geht man davon aus, dass jeder Zweite über 85 Jahre dementiell erkrankt ist. Wurde noch vor Jahren das Motto "Unsere Zukunft ist die Jugend" ausgegeben, muss es in heutiger Zeit "Unsere Zukunft ist das Alter" heißen, meint Pfarrer Becks. Auch wenn Heinz Pella (81) kurz nach Öffnung der einzige Gast ist, setzt Becks auf den langen Atem. "Das Angebot muss sich rumsprechen. Die Besucherzahl wird wachsen." Bei dem Kaffeeplausch, immer montags, wird gesungen und erzählt. "Es geht mit bekannten Spielen und Redewendungen auf eine biografische Reisen, so dass man schnell in Erinnerungen schwelgen kann", sagt Theising. Mit von der Partie sind ausgebildete Demenzbetreuer. Ein Hol-und Bringservice für mobile Café-Besucher nach vorheriger Absprache ist möglich. Das Angebot ist innovativ und im ländlichen Umfeld noch rar. Erfahrungen zeigen, wie sehr ein Demenzcafé den Ansprüchen auf beiden Seiten gerecht wird, wie Theising meint. Ältere, dementiell veränderte Menschen wollen so lange wie möglich zuhause in gewohnter Umgebung bleiben. "Auch wenn die geistigen Kräfte nachlassen, bleibt der Wunsch nach Autonomie hoch. Emotionalität und der Wunsch nach Nähe sind stark", ergänzt Bärbel Köhler.

(sabi)
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