Endgültig: Die neuen Aufschlagregel im Tischtennis Eigentlich einfach: Der Ball darf nicht mehr versteckt werden

Erst der größere Ball, dann kürzere Sätze und jetzt auch noch der Aufschlag - den Tischtennisspielern auf der ganzen Welt, die ihren Sport wettkampfmäßig betreiben, wird eine ganze Menge Anpassungsfähigkeit und Geduld abverlangt. Ab dem erste Juli ist ein Aufschlag wie ihn Stefan Vollmert von der DJK Holzbüttgen hier macht, nicht mehr erlaubt. Beim Hochwerfen des Balles bringt er einen Arm zwischen Ball und Gegner. NGZ-Foto: L. Berns

Erst der größere Ball, dann kürzere Sätze und jetzt auch noch der Aufschlag - den Tischtennisspielern auf der ganzen Welt, die ihren Sport wettkampfmäßig betreiben, wird eine ganze Menge Anpassungsfähigkeit und Geduld abverlangt. Ab dem erste Juli ist ein Aufschlag wie ihn Stefan Vollmert von der DJK Holzbüttgen hier macht, nicht mehr erlaubt. Beim Hochwerfen des Balles bringt er einen Arm zwischen Ball und Gegner. NGZ-Foto: L. Berns

Denn vor den beiden zurückliegenden Spielzeiten mussten sie sich jeweils mit einer Regelneuerung anfreunden, das sieht vor der Saison 2002/2003 nicht anders aus. Ab dem ersten Juli gilt in Deutschland und ab dem ersten September weltweit eine neue Aufschlagregel. Die verbindliche Entscheidung dazu wurde vom Weltverband (ITTF) vor rund einem Jahr bei der WM im japanischen Osaka getroffen. Seit dem ist zwar schon eine Menge Zeit vergangen, doch weil man einen möglichst verständlichen Regeltext präsentieren wollte, wurde der endgültige Wortlaut erst am vergangenen Dienstag veröffentlicht. So groß die Spannung auch war, mit der der überarbeitete Regeltext erwartet wurde, inhaltlich Neues bietet er im Vergleich zu Osaka nicht. Auf den Punkt gebracht: Künftig darf der Aufschläger dem Rückschläger während der Aufschlagbewegung nicht mehr die Sicht auf den Ball versperren.

Wie schon in der Vergangenheit hat die neuerliche Änderung ein Hauptziel: Sie soll Tischtennis transparenter und damit für Zuschauer und Medien attraktiver machen. Denn in den vergangenen Jahren haben viele Spieler einen so starken Aufschlag entwickelt, dass sie ein Match allein dadurch beherrschen können. Ihren Hauptvorteil verschaffen sie sich dadurch, dass sie den Ball im Moment des Treffpunktes mit dem Schläger hinter Arm oder Körper verstecken, so dass der Gegner nicht sehen kann, welche Rotation der Ball mitbekommt. Macht der Rückschläger nicht sofort den Fehler, kann der Ball oft nur so unkontrolliert returniert werden, dass es für den Aufschläger ein Leichtes ist, den Punkt zu machen.

"Das wirklich Neue an der Regel ist, dass sie erstmals den Rückschläger einbezieht", erklärt Michael Keil vom TTC Grevenbroich in seiner Funktion als Geschäftsführer des Westdeutschen Tischtennis Verbandes, "bisher kam es nur darauf an, dass der Schiedsrichter den Ball während der Aufschlagbewegung sehen können musste, jetzt eben auch der Gegenspieler." So einfach die Regel im Prinzip ist, Probleme sieht Keil vor allem da, wo es nicht zwei Schiedstricher gibt, die ihre Einhaltung überwachen. "In den unteren Spielklassen gibt es natürlich andere Situationen, als bei denen, für die die Regel in erster Linie gemacht wurde - für die Spitzenspieler", weiß Keil, "ich hoffe nur auf Toleranz von allen Seiten, damit es nicht jede Woche Proteste gibt." Hoffnung setzt der WTTV-Geschäftsführer auch auf den Faktor Zeit, denn die heilt bekanntlich alle Wunden.

"Ich glaube, wie bei den größeren Bällen und den verkürzten Sätzen werden sich alle nach einer gewissen Spanne daran gewöhnen und erkennen, dass es richtig für den Tischtennissport war." Daran hat auch Stefan Vollmert, Abteilungsleiter und Spitzenspieler der DJK Holzbüttgen, keinen Zweifel. Hintergrund und Ziele der Regeländerung kann er sehr gut nachvollziehen, für ihn kommt alles nur sehr kurzfristig. "Dass wir jetzt vor vollendete Tatsachen gestellt werden, finden ich nicht in Ordnung", meint Vollmert, der gleichwohl schon an einem Trainingsabend die neue Regel angewendet hat.

"Das ist schon eine riesige Umstellung. Beim Vorhandaufschlag aus der Rückhand den Arm nach dem Ballwurf wegzuziehen, stört den Gesamtbewegungsablauf schon erheblich." Heinz Kiefer, Vorsitzender des Verbandsligisten TTC Gierath, steht prinzipiell ebenfalls hinter der Intention der Regeländerung. "Wenn jemand nur von Aufschlägen lebt, hat das nicht unbedingt etwas mit Spielkultur zu tun", meint Kiefer, der große Probleme auf Aufschlagkünstler zukommen sieht. Schließlich erforderten die neuen Vorschriften die Regel gravierende Einschnitte in die Technik.

Eine Hauptaufgabe der Verbände sieht er darin, die Betroffenen jetzt ausreichend zu informieren, damit eben die befürchteten Meinungsverschiedenheiten möglichst vermieden werden. In der gleiche Kerbe schlägt Ralf Peerenboom. "Am besten wäre es, wenn ausgebildete Schiedsrichter in die Vereine gingen und in der Praxis erklären würden, wie sich aktive Spieler und die, die zählen, verhalten sollen", , meint der Abteilungsleiter des Oberligisten TG Neuss. Auch er hält es für sinnvoll, die Bedeutung des Aufschlags zu entschärfen, doch skeptisch ist er was die jetzige Umsetzung angeht. "So richtig traue ich dem Braten noch nicht, wenn das alles so einfach sein soll, wieso hat es so lange gedauert, bis der endgültige Regeltext vorlag?" Doch bei aller Unsicherheit, eins kann WTTV-Geschäftsführer Michael Keil der arg strapazierten Tischtennis-Seele versprechen: "Im Moment liegen keine neuen Anträge auf Regeländerungen vor." David Beineke Schreiben Sie uns Ihre Meinung zur neuen Aufschlagregel. Die aussagekräftigsten Statements werden wir dann in einer der nächsten Ausgaben veröffentlichen. Drei Wege stehen ihnen zur Verfügung, um sich zu äußern: entweder per Post an NGZ-Sportredaktion, Moselstr. 14, 41464 Neuss, per E-Mail an sportredaktion@ngz-online.de oder per Fax unter 02131/404189.

(NGZ)
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