Ausbildung zur Feinmechanikerin Liebe zu Metall

Nora Kliesch hätte nicht gedacht, dass sie einmal im Betrieb ihres Vaters landen würde. Dort macht die junge Frau eine Ausbildung zur Feinmechanikerin – mit Leidenschaft.

 Im Familienbetrieb arbeitet Nora Kliesch als Feinmechanikerin. Dorthin kam die junge Frau auf Umwegen. Sie stellte fest, dass ihr das Handwerk mehr liegt als ihr BWL-Studium.

Im Familienbetrieb arbeitet Nora Kliesch als Feinmechanikerin. Dorthin kam die junge Frau auf Umwegen. Sie stellte fest, dass ihr das Handwerk mehr liegt als ihr BWL-Studium.

Foto: Achim Blazy

Nora Kliesch hätte nicht gedacht, dass sie einmal im Betrieb ihres Vaters landen würde. Dort macht die junge Frau eine Ausbildung zur Feinmechanikerin — mit Leidenschaft.

Es gibt Berufe, die sind eher unbekannt. Nicht etwa, weil sie langweilig wären, nicht herausfordernd oder mit unangenehmen Tätigkeiten verbunden. Sie stehen einfach nicht im Fokus. Und das treibt so manchem Chef die Sorgenfalten auf die Stirn, wenn es daran geht, fähigen Nachwuchs auszubilden. Ausbildungsplätze sind mittlerweile — anders als noch vor einigen Jahren — in vielen Bereichen ausreichend vorhanden. Sie zu besetzen, ist oft die Schwierigkeit.

Eine besondere Geschichte ist die von Michael Kliesch und seiner Tochter Nora. Der Ratinger stellt mit seinen zehn Mitarbeitern Maschinenbaukomponenten her und bildet sein eigen Fleisch und Blut aus — zur Feinwerkmechanikerin. Das war so nicht geplant, und auch die Berufswahl selbst ist ungewöhnlich. Rund 60 Auszubildende gab es im gesamten Regierungsbezirk Düsseldorf im Sommer dieses Jahres, drei davon waren Frauen.

Es ist Klischee und Realität gleichermaßen: Arbeit mit großen Maschinen, Metallverarbeitung, Handwerk, das alles ist noch eine Männerdomäne. Nora Kliesch ist in ihrem Jahrgang die einzige weibliche Auszubildende. Ein Problem hat sie damit ganz und gar nicht. "Die sind alle lieb und nett zu mir, die Jungs", beschreibt sie den Alltag an der Berufsschule. Eine Einschränkung macht sie aber doch: "Wär ich 16 und mit so vielen Jungs in einer Klasse, fände ich es vielleicht nicht so gut."

Wer sich im Beruf reinkniet, findet auch bei den Kollegen Anklang, unabhängig vom Geschlecht. Auch der Freundeskreis findet die handwerkliche Tätigkeit gut. Die Freunde bekräftigten sie in ihrem Entschluss, das Angebot ihres Vaters anzunehmen und bei ihm eine Ausbildung zu beginnen. Nora Kliesch kam auf Umwegen in den Familienbetrieb. Nach einem "Work&Travel"-Aufenthalt in Australien studierte sie zunächst BWL. Mit 24 Jahren stellte sie aber fest, dass das nichts ist, mit dem sie ihr Leben lang etwas anfangen kann.

Das Für und Wider, den Ausbildungsplatz anzunehmen, hat sie gründlich abgewogen, sich schließlich bewusst dafür entschieden. "Ich bin einfach glücklich hier", sagt sie. Leistung zeigen muss sie wie alle Anderen. "Die Anforderungen hier sind sehr hoch", erklärt Michael Kliesch. Neben der handwerklichen Präzision ist auch mathematisches Verständnis gefragt. Und auch der Umgang mit den komplexen Computersystemen der Maschinen bis hin zur Programmierung will erst einmal gelernt sein.

Der Beruf ist abwechslungsreich. Es gibt vier Ausbildungsschwerpunkte und eine ganze Reihe von Tätigkeitsprofilen. Für einen kleinen Betrieb ist es da nicht immer leicht, geeignete Bewerber zu finden. Vor allem, wenn die Tätigkeit nicht den höchsten Bekanntheitsgrad genießt.

Die eigene Tochter hat er jedoch nicht aus Not rekrutiert, stellt Michael Kliesch klar. Er spricht lieber von einer glücklichen Fügung: "Meine Lebensplanung sah ja auch anders aus", bekennt er. Damit gerechnet, dass eine seiner Töchter ins Unternehmen einsteigt und es eines Tages vielleicht sogar übernimmt, hat er jedenfalls nicht. Nora Kliesch war übrigens die erste Frau, die sich bei ihm um einen Ausbildungsplatz beworben hat.

Als Hypothek empfindet die Auszubildende die Familienbande nicht. "Natürlich macht man sich über diese Sachen Gedanken", erklärt sie in Bezug auf mögliche Erwartungshaltungen, "aber vorher". Privates und geschäftliches werden ohnehin nicht vermischt: "Zuhause ist er mein Vater, nicht mein Chef", sagt Nora Kliesch. Beide betonen, dass der Auszubildenden alle Möglichkeiten offen stehen.

Das gilt natürlich auch für alle angehenden Feinwerkmechaniker, die nicht zufällig mit dem Chef verwandt sind. Die Nähe als Zulieferer zur Metallindustrie eröffnet den Zugang zur in Deutschland in der Regel guten Exportkonjunktur. Und Nora Kliesch beweist sich auch an anderer Stelle als im heimischen Betrieb. Im Rahmen der Verbundausbildung darf sie auch fremde Chefs von ihren handwerklichen Fähigkeiten überzeugen.

(NGZ)
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