Oberbürgermeister im Interview "Wir dürfen keine Firmen verlieren"

Remscheid · Im Interview spricht der Oberbürgermeister Burkhard Mast-Weisz über Wirtschaftsförderung, die Innenstadtpläne und ein mögliches Heim für Flüchtlinge.

 Ein kräftezehrendes Jahr auch mit politischem Streit liegt hinter Oberbürgermeister Burkhard Mast-Weisz (SPD).

Ein kräftezehrendes Jahr auch mit politischem Streit liegt hinter Oberbürgermeister Burkhard Mast-Weisz (SPD).

Foto: Jürgen Moll

Herr Mast-Weisz, das DOC ist politisch auf den Weg gebracht. Ist nach dem Beschluss vom 13. Dezember jetzt wieder mehr Luft für andere Themen bei der Stadtverwaltung?

Mast-Weisz Das DOC wird auch weiterhin Kapazitäten binden. Die Lenkungsgruppe trifft sich bereits wieder am 4. Januar. Das DOC ist einfach das wichtigste Stadtentwicklungsprojekt derzeit. Es geht 2017 um die Infrastrukturmaßnahmen in Lennep, wir müssen die Sportanklage in Hackenberg ins Ziel bringen. Aber wir kümmern uns natürlich auch um andere Projekte wie den Kitaausbau oder die Innenstadtentwicklung. Das dafür ausgewählte Büro nimmt am 1. März seine Arbeit auf. Es passiert also an vielen Stellen etwas, vieles geschieht auch im Stillen, ohne dass es wahrgenommen wird. Die Frage, was an Aufgaben im Rathaus zurückgestellt werden muss, stellt sich auch unabhängig vom DOC. Durch den fortschreitenden Stellenabbau müssen wir Schwerpunkte setzen. In manchen Bereichen müssen wir Personal aufstocken, an anderen Stelle dafür Leistungen zurückfahren, wie etwa im Versicherungsamt.

 Gleichwohl freut er sich auf das gerade angebrochene Jahr - unter anderem wegen des neuen Kinos am Bahnhof.

Gleichwohl freut er sich auf das gerade angebrochene Jahr - unter anderem wegen des neuen Kinos am Bahnhof.

Foto: Moll Jürgen

Stellen Sie denn den Ratsbeschluss zum Stellenabbau in der Verwaltung grundsätzlich in Frage?

Mast-Weisz Nein, auf gar keinen Fall. Das ist die tragende Säule unseres Haushaltssanierungsplanes. Aber der Korridor, in dem wir uns bewegen, wird kleiner.

Was macht die Nachfolger-Suche für den ausscheidenden Stadtplaner Robin Denstorff?

Mast-Weisz Eines möchte ich vorab sagen. Ich habe persönlich Verständnis für seinen Wechsel, das ist ein tolles Angebot in Münster, ein Ringeltäubchen. Aussagen, das Herr Denstorff von Beginn an auf dem Sprung gewesen sei, sind falsch. Er wollte eigentlich bald nach Mettmann ziehen. Mit dem OB in Münster habe ich verabredet, dass Herr Denstorff zum 1. März dort anfängt, er nimmt einen Teil seines Urlaubsanspruchs dorthin mit.

Und die Nachfolge?

Mast-Weisz Wir haben ein externes Büro gefunden, dass die Suche übernimmt, die letzte Abstimmung findet Anfang Januar statt. Weil es eine Dezernentenstelle ist, wird sie auch per Anzeige ausgeschrieben, das ist so vorgeschrieben. Ich hätte mir auch gut vorstellen können, das Herr Zirngiebl (Anmerkung der Redaktion: Michael Zirngiebl ist der Leiter der Technischen Betriebe) das macht. Ich halte richtig viel von ihm. Aber er hat das abgelehnt, weil es nicht seiner Lebensplanung entspricht. Nun bin ich gespannt, was der Markt hergibt. Ich wünsche mir, dass der Rat noch vor Ostern über einen Kandidaten entscheiden kann. Es ist ein gutes Zeichen, dass die Politik keine Parteizugehörigkeit des Kandidaten fordert.

Was bedeutet der häufige Wechsel der Referatsleitung für die Arbeit der Wirtschaftsförderung?

Mast-Weisz Wir haben unterhalb der Führungsebene ein gutes Team im Referat. Ich selber bin regelmäßig bei Gesprächen mit Firmen dabei. Ich erhoffe mir aber durch die Schaffung der neuen Beigeordnetenstelle für die Zukunft eine größere Kontinuität.

Und was macht die Flächenentwicklung? Können wir Remscheids Firmen bald nichts mehr anbieten?

Mast-Weisz Es darf nicht passieren, dass wir Firmen verlieren, weil wir keine Flächen mehr haben. Wir müssen da mit Hochdruck dran. Ich sehe das Risiko bei diesem Thema. Unternehmen sagen mir in Gesprächen: Noch geht es bei uns am Standort, aber wir brauchen Planungssicherheit und Alternativen in den nächsten drei, vier, fünf Jahren. Wir sind dran an Flächen, an der Lenneper Straße, am Hohenhagen, den Erdbeerfeldern, am Gleisdreieck. Der Rat hat mir die Brücke gebaut, dass ich personell bei der Wirtschaftsförderung aufstocken kann. Wir bekommen im Februar jemanden, der sich verantwortlich als Motor um das Thema kümmern kann.

Was sagen Sie zum Vorschlag des Einzelhandelsverbandes, gemeinsam ein Marketingkonzept für Lennep zu entwickeln, das die DOC-Effekte nutzt?

Mast-Weisz Das ist ein toller Brückenschlag, mit dem Herr Engel und Herr Kreutzer bei mir offene Türen einrennen. Mein Ziel als OB ist es ja nicht, T-Shirts zu verkaufen. Ich will Menschen für Lennep, für die Stadt begeistern. Ich sitze mit den Marketingräten regelmäßig zusammen, damit wir ein Gesamtkonzept entwickeln können.

Kommt 2017 Bewegung in die Entwicklung der Innenstadt?

Mast-Weisz Drei Wünsche und Erwartungen habe ich bei diesem Thema. Ich erwarte, dass beim Ebert-Platz die Weichen dafür gestellt werden, wie dieser künftig aussehen wird. Ich wünsche mir sehr, dass das Umbau-Projekt im Woolworth-Gebäude losgeht. Ganz wichtig ist mir, dass das Quartiermanagement zusammen mit den Immobilienbesitzern, den Gewerbetreibenden und der ISG weitere Pläne entwickelt, wie es auf der Alleestraße weitegehen kann. Uns gehören die Häuser dort nicht, wir müssen also die Eigentümer ins Boot holen und wir müssen Investoren gewinnen.

Wie beurteilen sie die Entwicklung beim Thema Flüchtlinge? Brauchen wir noch ein zusätzliches Heim in Remscheid?

Mast-Weisz Ich will nicht ausschließen, dass wir noch ein Heim brauchen. Im vergangenen Jahr sind etwas über 1.000 Menschen zu uns gekommen, in diesem Jahr sind es immerhin noch 700. Wir führen gerade Gespräche mit Wohnungsbaugesellschaften. Unser Ziel ist es, dass die Menschen, die eine Bleibeperspektive haben, jetzt aus den von uns angemieteten Wohnungen ausziehen und eigenständige Mietverträge abschließen. Wir werden den Grundabgabenbescheiden ein Beiblatt beilegen, in dem wir alle Hausbesitzer ansprechen und fragen: Haben Sie Wohnungen für uns? Ganz wichtig ist mir zu betonen, dass wir über all diese Arbeit die anderen Menschen nicht aus den Augen verlieren. Die Flüchtlinge nehmen niemandem einen Schulplatz oder einen Kindergartenplatz weg. Deswegen verliert auch niemand seine Wohnung. Ich bin sehr dankbar für alle Menschen, die sich ehrenamtlich, aber auch bei uns im Hause für dieses Thema engagieren.

Es gibt immer wieder mal Kritik an Ihrer Informationspolitik. Zuletzt von CDU-Fraktionschef Jens Nettekoven. Was sagen Sie dazu?

Mast-Weisz Ich sitze regelmäßig zusammen mit Ratsmitgliedern und informiere sie. Ich bin zudem sieben Tage die Woche telefonisch zu erreichen, wenn Fragen da sind. Man kann mich auch zu Gesprächen in die Fraktion einladen. Was Herrn Nettekoven angeht: Ich bin bei vielen Punkten seiner Kritik ausdrücklich anderer Meinung. Ich habe ihm vorgeschlagen, dass wir uns im neuen Jahr zusammensetzen und über das Thema reden. Wir müssen nicht in allen Fragen einer Meinung sein. Es ist aber in meinem Interesse, mit dem Vorsitzenden der größten Ratsfraktion vernünftig und offen zusammenzuarbeiten.

Die Galerie ist geschlossen. Wo ist künftig der Platz für die bildende Kunst in Remscheid?

Mast-Weisz Wir führen gerade gute Gespräche, die ein für alle Seiten akzeptables Ergebnis bringen könnten. Ich hoffe, dass sie zum Ende des ersten Quartals 2017 präsentiert werden können.

Worauf freuen Sie sich persönlich im kommenden Jahr?

Mast-Weisz Ich mag die Zusammenarbeit mit meinem Verwaltungsvorstand. Ich mag die Begegnung mit den Menschen bei den Bürgerdialogen und vielen anderen Terminen. Ich freue mich, dass wir im nächsten Jahr das Kino bekommen. Das Grundstück ist verkauft, der Bauantrag liegt vor. Ich wünsche mir, dass wir 2017 mit dem DOC anfangen können. Ich habe einfach Spaß an dieser Stadt und ich glaube an sie.

HENNING RÖSER FÜHRTE DAS GESPRÄCH

(RP)
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