Remscheid Richter erkrankt, Prozess geplatzt

Remscheid · Der Prozess zu einer mutmaßlichen Vergewaltigung muss noch einmal neu aufgerollt werden.

Das Verfahren stand kurz vor der Urteilsverkündung. Am Freitag hätte der 51 Jahre alte Remscheider, der seine damalige Lebensgefährtin im Jahr 2011 zu sexuellen Handlungen genötigt und sie vergewaltigt haben soll, von der Kammer gehört, ob man ihn für schuldig hält und er eine Haftstrafe antreten muss. Am Donnerstag hätte noch die Psychologin der Frau im Zeugenstand aussagen sollen, gefolgt von Plädoyers und Urteil. Doch der Prozess ist nach sechs Verhandlungstagen geplatzt.

Einer der Richter ist erkrankt. Weil so vorgeschriebene Fristen nicht eingehalten werden können, wird die Sache bis auf weiteres zu den Akten gelegt. Im Klartext heißt das: Alles wird nochmals von vorne aufgerollt. "Man muss jeden Beweis wieder neu erheben", erklärt der Pressesprecher des Wuppertaler Landgerichts Arnim Kolat das Prozedere in derartigen Fällen. Wann genau die angeklagten Straftat neu verhandelt werden soll, ist unklar.

"Üblicherweise werden Haftsachen vorgezogen", sagt Kolat. Den Gerichten bliebe diesbezüglich kaum Entscheidungsspielraum, weil nach sechsmonatiger Untersuchungshaft selbige geprüft und das Verfahren bis dahin eröffnet sein sollte. Schlimmstenfalls können also wieder Jahre vergehen, mehrere Monate wird es definitiv dauern.

Da es im Fall des angeklagten Remscheiders keinen hinreichenden Haftgrund gab, blieb der Mann nach Anklageerhebung auf freiem Fuß. Andere Verfahren mussten vorgezogen werden - die Akte wurde immer wieder beiseitegelegt, um drängendere Delikte abzuarbeiten. Ein Lehrstück mit Blick auf eine notorisch überlastete Justiz.

Für den Angeklagten bedeutet das, seit sieben Jahren mit einem über ihm schwebenden Damoklesschwert zu leben. Zwar gilt die Unschuldsvermutung, solange ihm die Tat nicht zweifelsfrei nachgewiesen werden kann. Allerdings kann davon ausgegangen werden, dass mit einem derartigen Vorwurf und einer drohenden, mehrjährigen Haftstrafe vor Augen, ein normales Leben kaum möglich sein dürfte. Die Lebensgefährtin, deren Kinder, das soziale Umfeld: Alle wissen von den Vorwürfen, die nun weder bestätigt wurden, noch ausgeräumt werden konnten. Auch für das mutmaßliche Opfer bleibt die Sache unabgeschlossen. Die Frau wird wohl erneut vor Gericht aussagen müssen.

Wird das Verfahren demnächst neu aufgerollt, muss nun auch geprüft werden, ob es sich um eine überlange Verfahrensdauer handelt, die den rechtsstaatlichen Anforderungen nicht genügt. "In derartigen Fällen kann das Gericht feststellen, dass ein Teil der möglicherweise zu verhängenden Strafe schon als vollstreckt gilt", sagt Kolat.

(RP)
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