Neuss Vom Staatstheater zur Landesbühne

Neuss · Der gebürtige Bonner Reinar Ortmann ist der neue Chefdramaturg am Rheinischen Landestheater und kehrt nach drei Jahren in Hessen wieder nach NRW zurück. Am RLT reizt ihn die Kombination aus reisender Bühne und Stadttheater.

 Reinar Ortmann ist der Nachfolger von Barbara Noth in der Dramaturgie des RLT. Zuletzt hat er am Staatstheater Darmstadt gearbeitet.

Reinar Ortmann ist der Nachfolger von Barbara Noth in der Dramaturgie des RLT. Zuletzt hat er am Staatstheater Darmstadt gearbeitet.

Foto: Andreas Woitschützke

Als Intendantin Bettina Jahnke nach einem Nachfolger für die nach Düsseldorf wechselnde Chefdramaturgin Barbara Noth suchte, war noch nicht klar, ob sie damit auch die Führungsposition in der dreiköpfigen Abteilung neu besetzen würde. Das werde sich ergeben, sagte sie damals - und es hat sich ergeben. Reinar Ortmann heißt der Neue im Dramaturgie-Team, der offensichtlich bei seiner Vorstellung so überzeugt hat, dass ihm auch gleich der Chefposten zugesprochen wurde und er damit auch zur Theaterleitung gehört. Und womit hat er gepunktet?

"Das müssen Sie Bettina Jahnke fragen", erwidert der 43-Jährige lachend, aber sagt dann doch: "Ich denke, wir sprechen eine gemeinsame Sprache." Zudem hat er schon Kontakt mit den Neussern gehabt - bei einer Premiere in Freiburg, "aber da war der Weggang von Barbara Noth noch kein Thema". Er jedenfalls hat nicht lange gebraucht, sich für Neuss und das Landestheater zu entscheiden, obwohl er auch ein Angebot aus Freiburg hatte. Zwei Dinge haben ihn dabei beeinflusst: "Ich wollte als Dramaturg mal so was wie einen kleinen Aufbruch im Theater erleben", sagt er, "und außerdem hat mich diese Kombination von reisender Bühne und Stadttheater sehr gereizt."

Zwei Mal habe er als Dramaturg nun das Ende einer Intendanz erlebt: In Düsseldorf 2011 unter Amélie Niermeyer, und jüngst in Darmstadt unter John Dew, zu dessen Team Ortmann die vergangenen drei Jahre gehörte. "Zwei Mal bin ich jetzt auf großen Tankern gefahren", erzählt er und lacht, "jetzt finde ich es schön, mal eine schnittige Segeljacht mitzusteuern." Er sei an allem näher dran und vor allem auch verantwortlich.

So freut er sich darauf, nach den ersten fünf Jahren von Intendantin Jahnke nun einen thematischen Aufbruch mitmachen zu können. Denn die nächsten Spielzeiten am RLT stehen unter den vier Kardinaltugenden Weisheit, Gerechtigkeit, Tapferkeit und Mäßigung. Dass in Neuss jede Spielzeit ihr Thema hat, gefällt ihm. "Es darf nicht einengen", sagt er, "aber es hilft beim Denken und ist in Neuss auch weitgefasst, so dass man gut Querverweise herstellen kann." Ohnehin gefällt ihm die eher philosophische Ausrichtung und die Mischung der Spielpläne aus Wagemut (zu neuen Stücken) und Wahrung (von Klassikern). Seinen eigenen Spiel-Raum sieht er derzeit vor allem bei den Begleitprogrammen. "Mir ist es wichtig, Schwellenängste abzubauen", sagt er, "und mit anderen Formaten kann man zeigen, dass Theater kein Elfenbeinturm ist, sondern Angebote für alle Altersklassen macht."

Die nächsten beiden Spielpläne des RLT muss der gebürtige Bonner einfach hinnehmen (ein Landestheater ist seiner Zeit grundsätzlich zwei Jahre voraus), aber er sieht darin auch das Positive: "Ich kann mir wirklich die Zeit nehmen, alles kennenzulernen - die Bühne, das Ensemble, die Stadt. Und ich werde auch gerade in der ersten Zeit sehr oft zu den Abstechern mitfahren." Außerdem wartet nach der Theaterpause schon die erste Arbeit: Ortmann wird als Dramaturg die Eröffnungsproduktion "Das Himbeerreich" von Andreas Veiel in der Regie von Bettina Jahnke betreuen.

Der Neuanfang in Neuss ist für Ortmann gleichzeitig auch eine Rückkehr. Ins Rheinland nämlich, in das er nun gerne wechselt, "auch wenn ich eine Karnevalsflüchtling bin und mich in Darmstadt sehr wohl gefühlt habe", sagt er lachend. Seiner Familie und alten Freunden rückt er nun wieder ein Stück näher, dafür lässt er andere zurück. "Aber das kenne ich ja", sagt Ortmann, "ich bin schon so oft umgezogen." Immer mit Katze und vermutlich auch nicht zum letzten Mal, denn der 43-Jährige hat noch Ziele: "Irgendwann möchte ich selbst mal ein Theater leiten."

(NGZ)
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