Neuss Rekordpreise locken Metalldiebe

Neuss · Für Kupfer und andere Metalle werden im Handel derzeit Spitzenpreise gezahlt. Der Metalldiebstahl hat gravierend zugenommen und auch die Kleinkriminellen erfasst. Schrotthändler lassen sich Ausweise vorlegen.

Ein Radfahrer wird erwischt als er ein soeben an einem Haus abgebautes Fallrohr zum Schrotthändler bringt. In Hemmerden werden Grableuchten auf dem Friedhof geklaut, um sie auf dem Schrottplatz zu Geld zu machen.

Die Rheinbahn und die Bundesbahn mussten Strecken vorübergehend stilllegen, weil Leitungskabel gestohlen und verkauft wurden. "Metalldiebstahl ist zu einem Volkssport geworden", sagt ein Neusser Schrotthändler, der, wie alle anderen auch, nicht namentlich genannt werden will.

"Die Zahl der Metalldiebstähle hat deutlich zugenommen", bestätigt Hans-Willi Arnold, Pressesprecher der Polizei im Rhein-Kreis Neuss. Die Ursache ist schnell ermittelt. "Die Metallpreise sind auf einem Rekordniveau", erläutert Georg Werkle von der Industrie- und Handelskammer Mittlerer Niederrhein. "Die derzeitigen Preise übertreffen sogar das Niveau des Boomjahres 2008 bei weitem." Ein Beispiel: Für die Tonne Kupfer wurden 2009 rund 3000 Euro gezahlt, heute sind es 10 000. Ähnliche Entwicklungen wie bei Kupfer verzeichnet die Branche bei fast allen Metallen.

Das weckt das Interesse von Kriminellen aller Art – zumal es offenbar recht leicht ist, gestohlenes Metall zu Geld zu machen. Beate Brüninghaus, Sprecherin der Wirtschaftsvereinigung Stahl in Düsseldorf: "Wir benötigen derzeit riesige Mengen Schrott für die Stahlverarbeitung. Da können wir die Herkunft des Materials nicht kontrollieren." Monatlich brauche die Branche den Schrott von 200 Pariser Eiffeltürmen, um den Bedarf decken zu können. Brüninghaus: "Kontrollen können wir nicht leisten. Als einzigeMaßnahme wird der Schrott auf Radioaktivität hin untersucht."

Damit bleibt der "schwarze Peter" bei den Schrotthändlern. Ein Neusser Händler: "Wir lassen uns immer den Ausweis zeigen, wenn die Herkunft des Schrotts nicht klar ist." Doch auch in dieser Branche gibt es schwarze Schafe. "Viele bringen das Diebesgut ins benachbarte Ausland, in Holland fragt niemand nach der Herkunft des Schrotts", so Polizeisprecher Arnold. Die Schrotthändler selbst sehen sich als Opfer: "Die Zahl der Einbrüche be uns ist explosionsartig angestiegen. Wir schützen uns mit Wachmännern, Hunden und Nato-Draht."

Eine gängige Kabeltrommel bringt laut Polizei beim Verkauf eine vierstellige Summe. Doch mittlerweile versuchen sich auch Kleinkriminelle im Metalldiebstahl. Bei Dachrinnen, Fallrohren, Grableuchen oder ähnlichem wird nach dem Kupfergehalt abgerechnet. Da zahlen die Händler zwischen 4,80 und 5,60 Euro pro Kilo. Und das reicht dann für einen Kasten Bier und eine Currywurst.

(NGZ)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort