Neuss Ein Verteidiger der Friedhofskultur

Neuss · Hans-Joachim Schrödter geht zum Monatsende nach 27 Jahren als Chef der Neusser Friedhofsverwaltung in Pension. Sein Nachfolger steht schon fest.

 Schrödter kümmerte sich auch um die Ehrenfriedhöfe. Die Ersetzung der Grabplatten durch Kreuze schloss er vor der Pensionierung ab.

Schrödter kümmerte sich auch um die Ehrenfriedhöfe. Die Ersetzung der Grabplatten durch Kreuze schloss er vor der Pensionierung ab.

Foto: woi

Die Reserve- und Erweiterungsflächen für die städtischen Friedhöfe sind überflüssig. Mit dieser Erkenntnis trat Hans-Joachim Schrödter vor mehr als einem Vierteljahrhundert seinen Dienst an der Spitze der Neusser Friedhofsverwaltung an. Jetzt, unmittelbar vor seiner Pensionierung, ist das Mehrheitsmeinung im Rathaus und so auch in den Grünentwicklungsplan "Neuss-Perspektiven 2025+" des Bochumer Planungsbüros Herbstreit eingegangen, der zu den Grundlagen für den neuen Flächennutzungsplan gehört. "Der Bestand reicht, um den Bedarf an Friedhofsflächen zu decken", weiß der 63-Jährige. Denn die Bestattungskultur ändert sich.

Das wusste Schrödter schon, als er nach 1986 aus Braunschweig, wo er acht Jahre tätig war und zuletzt die kommunalen Friedhöfe und das Krematorium geleitet hatte, an den Rhein wechselte. "Die Zahl der Urnenbestattungen lag dort schon damals bei 65 Prozent", erinnert er sich. Dieser Trend setzte später auch in Neuss ein. 48,8 und damit beinahe jede zweite Beisetzung ist derzeit eine Urnenbestattung. Tendenz: nur noch minimal steigend. "Das wird sich in dieser Größenordnung einpendeln", sagt Schrödter überzeugt.

Ihn als Friedhofsleiter stellte diese Veränderung zwangsläufig vor die Frage: "Wie können die Friedhöfe weiter wirtschaftlich geführt werden, wenn immer weniger Verstorbene in den größeren und damit teureren Erdgräbern beigesetzt werden? Die Lösung bestand in einer neuen Gebührenordnung, die Sockelkosten definierte (Parkplätze, Kapelle, Wegebau etc.), die für jeden Fall und ganz unabhängig von der Bestattungsform anfallen. Ein solches Modell gab es weit und breit nicht", sagt Schrödter. Aber es hatte Erfolg. Seit mehr als zehn Jahren musste keine Gebührenerhöhung mehr diskutiert werden.

Anteil daran hat aber auch die Tatsache, dass die Friedhöfe 2006 in einen betriebswirtschaftlich selbstständigen Eigenbetrieb der Stadt umgewandelt wurden. "Eine Entfesselung", nennt das der Betriebswirt und Diplom-Ingenieur im Erwerbsgartenbau Schrödter.

Schrödter kam eher zufällig in die Friedhofsverwaltung, doch er fand dort eine Aufgabe, die ihn über mehr als 30 Jahre ausfüllte. 80 Hektar Betriebsfläche, 44 Mitarbeiter, 1300 Bestattungen jährlich und Gesamteinnahmen und -ausgaben von drei Millionen Euro deuten auf eine Unternehmensgröße hin, die nicht allein verwaltet, sondern mit betriebswirtschaftlichen Kenntnissen gemanaged werden muss. Stephan Schmitt, der langjährige stellvertretende Leiter des Unternehmens Friedhöfe und designierte Nachfolger Schrödters, bringt diese ebenso mit wie Torsten Dehne, der vom Ausländeramt zur Friedhofsverwaltung wechselte, und den Schrödter in seinen letzten Arbeitstagens ins Amt einarbeitet.

Bei aller Bedeutung von Zahlen und Bilanzen waren und sind die Friedhöfe für Schrödter aber auch immer besondere Orte. Sogar Kultureinrichtungen, wie er meint. "Die Geschichte einer Stadt zeichnet sich kaum irgendwo so ab wie auf ihren Friedhöfen", nennt er ein Beispiel. Mit Blick nach vorne nennt er den Erhalt der Bestattungskultur und der Friedhöfe als Ort der Kommunikation, aber auch der Trauerbewältigung wesentliche Aufgaben. Und das in allen Ortsteilen. "Die Nähe der Bürger zu ihren Friedhöfen bleibt wichtig."

(NGZ/rl)
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