Neuss Dubiose Verkäufer in Neuss

Neuss · Windige Geschäftsleute haben gestern versucht, Senioren bei einer Verkaufsveranstaltung zu betrügen. Versprochen hatten sie Geschenke, doch es gab nur teure Topfsets. Das Ordnungsamt überwachte das Geschehen.

Es ist zu schön, um wahr zu sein: Jeder Gast bekomme einen Präsentkorb mit feinster Schokolade und Gebäck, heißt es in dem Anschreiben des "Servicebüro Französischer Lebensmittel-Hersteller", das viele Neusser Senioren in den vergangenen Tagen erhalten haben. Außerdem zu verschenken: Pflegesets, Porzellanskulpturen, und je 30 Liter Sprit für alle, die mit dem Auto anreisen – "garantiert!"

Die schönen Versprechen, an die glaubt in der Runde der Teilnehmer in einer Norfer Gaststätte gestern eigentlich kaum jemand. Aber es gibt kostenlose Getränke und ein freies Mittagessen. Der Preis für die 18 Senioren: Sie müssen sich die Werbebotschaften des windigen Verkäufers anhören, der ihnen nun seine "hochwertigen Topfsets" und verschiedene Reisen anpreist.

Ein mulmiges Gefühl

Bevor das Programm beginnt, fühlt sich manch ein Teilnehmer doch etwas mulmig. Es habe auch Fälle gegeben, wo Türen plötzlich abgeschlossen worden seien, erzählt eine ältere Dame. Ihre Sitznachbarn entdecken derweil die Mitarbeiter des Neusser Ordnungsamts, die sich in Sichtweite an einem Stehtisch platziert haben. Das gibt ein Gefühl der Sicherheit.

"Es ist einfach eine Abwechslung", sagt ein älterer Herr. Gemeinsam mit seiner Frau besuche er regelmäßig Verkaufsveranstaltungen. Kaufen wolle er nichts, erzählt der Rentner, doch die Teilnahmebestätigung, die der Veranstalter ausgibt, füllt er aus – dass er dadurch auch künftig Einladungen von windigen Geschäftsleuten erhalten wird, nimmt er in Kauf.

Dann beginnt die Verkaufsveranstaltung: Lars T. stellt sich vor, ein gut gebräunter End-Dreißiger mit Mikrofon. Vom Servicebüro Französischer Lebensmittel-Hersteller ist plötzlich nicht mehr die Rede. Er sei Vertreter der Firma "Gourmet Royal" und "Sonnenschein-Reisen" erzählt der Mann, der von sich selbst gern in Superlativen spricht: Er lobt sich als "begnadeter Computerexperte" und Sprachgenie – 14 Sprachen spreche er. Dann preist er ein Topfset an. Das koste eigentlich knapp tausend Euro, nun sei es für die Hälfte zu haben. Per Powerpoint-Präsentation wirbt T. für Reisen, immer versucht er dabei, die Teilnehmer einzubeziehen, fragt, ob die von ihm genannten Preise nicht unschlagbar günstig seien. Brav wird das von den Senioren bejaht. Geschenke gibt es keine, aber auch keinen Verkauf: Lars T. war im Vorfeld vom Ordnungsamt verwarnt worden, niemanden unter Druck zu setzen. "Werbung ist erlaubt, Verkauf nicht", sagt Ordnungsamtsleiter Uwe Neumann, der im Laufe der Veranstaltung auch die Personalien von T. und dessen Verkaufsteam aufnimmt.

Auf seine Tätigkeit angesprochen, reagiert Lars T. gereizt: Er tue nichts Illegales – "Sie nerven", wirft er der NGZ vor. Als eine Seniorin später wissen möchte, wo denn ihre versprochenen Geschenke seien, wird er noch ungehaltener: Sie solle doch dankbar sein für das, was er ihr geboten habe, sagt er missgelaunt. Schließlich bricht er die Veranstaltung ab – denn jemandem etwas Überteuertes anzudrehen, das klappt an diesem Tag einfach nicht.

(NGZ)
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