Neukirchen-Vluyn Die Musik spielt im Kulturzimmer

Neukirchen-Vluyn · Die Band "Heimatlos" probt in den Räumen an der Ecke Hochstraße/Bruchstraße im Dorf Neukirchen. Die aus Syrien stammenden Musiker geben am 18. März ein "Afterwork-Konzert".

 Sie sind "Heimatlos" (von links): Samer Dudaki, Mohamad Al Shokor, Azad Mohammed und Musa Al Abtah.

Sie sind "Heimatlos" (von links): Samer Dudaki, Mohamad Al Shokor, Azad Mohammed und Musa Al Abtah.

Foto: Klaus Dieker

Das Kulturzimmer auf der Neukirchener Hochstraße wird seinem Namen gerecht und zeigt sich in seiner Vielfältigkeit. Als Probenraum für die Band Heimatlos oder als Ort, an dem ein Theaterstück erarbeitet wird. Die Band "Heimatlos" mit Mohamad Al Shokor (Gesang), Samer Dudaki (Doumbek), Azad Mohammed (Saz), Ouday Al Abtah (Gitarre/Oud) und Musa Al Abtah (Gesang) fühlt in dem Ladenlokal wohl. "Die Männer stammen alle aus Syrien, aus kleinen Dörfern rund um Damaskus", erzählt Frederik Göke. Die meisten leben seit etwa acht Monaten an der Wiesfurthstraße. Der Gitarrist Ouday wohnt seit mittlerweile zwei Jahren am Niederrhein.

Schauspieler Frederik Göke und Regisseur Stefan Ey arbeiten zusammen an einem Theaterstück, das den deutschen Alltag und die Flüchtlingsfrage spiegelt. Mit dem Stück "Der ganz normale Wahnsinn oder halb zehn beim Frühstück in Deutschland" geht es um ein Gespräch zwischen Eheleuten. "Der Mann hat an allem etwas auszusetzen, vor allem die Flüchtlingssituation ist sein Thema. Das Stück an sich ist nicht politisch, sondern entspricht der ganz normalen Situation", sagt Göke, der in die Rolle des Nörglers schlüpft. Die Frau hingegen hat die Band "Heimatlos" zum Frühstück eingeladen. Das Publikum darf sich auf die morgendliche Kommunikation mit Schlagabtausch sowie auf eine Annäherung der Kulturen freuen. Motto: Was ist deutsch, was ist arabisch? Wer ist Ausländer, wer Inländer, und wer will das wissen? "Wir sind mitten im Arbeitsprozess, schreiben noch", sagt Ey. Das Stück wird beim Meerbecker Kulturfrühling am 15. April in der ehemaligen Barbara-Schule zu erleben sein. Am 17. April, 18 Uhr, wird die Band im Duisburger Café Harmonie auftreten.

Als Strippenzieher im Vorfeld agierte Konrad Göke, Kulturschaffender aus Moers, der die Syrer an der Wiesfurthstraße für das Musikprojekt begeistern konnte. Es habe "auch etwas mit Traumerfüllung und Abenteuer zu tun", sagt Konrad Göke. "Musik machen, aber auch der Beruf des Musikers, so wie wir ihn kennen und für selbstverständlich halten, wird in Syrien nicht gerngesehen."

Matthias Bangert, Komponist, Bandleader und Dozent für Kontrabass erarbeitet mit der Band das Repertoire. Die Kommunikation läuft mit Händen und Füßen, mit ein wenig Deutsch und viel Englisch. "Keiner der Bandmitglieder hat Notenkenntnisse", erzählt Bangert. "Ich spiele vor, und über das Gehörte nähern wir uns dem Stück. Über das Ohr lernen sie die Noten. Wir verständigen uns wirklich über die Musik." Auf dieser Ebene begegnen die syrischen Musiker deutschen Klassikern. Romantische Melodien der Volkslieder pellen sich aus dem arabischen Klangbild, Orient trifft Okzident. Konrad Göke: "Unsere Aufgabe ist es, diese jungen Menschen an das Abenteuer Musik heranzuführen."

Geprobt wird jeweils freitags ab 15 Uhr, samstags ab 14 Uhr. Interessierte Gäste sind willkommen. In der jüngsten Vergangenheit kamen bereits Künstler von Konservatorien und Musikschulen auf Stippvisite "Bei unseren Afterwork-Konzerten im Kulturzimmer wollen wir Einblicke in unseren Probenprozess geben", sagt Frederik Göke. Zum ersten Afterwork-Konzert lädt "Heimatlos" für Freitag, 18. März, 18 Uhr, ein. Das Kulturzimmer ist auch montags und mittwochs Treffpunkt für Frauen und Kinder, wird sozusagen "Frauenzimmer".

Aktuell wird Unterstützung gebraucht. Gesucht werden Gitarrenlehrer und Freiwillige, die mit Vorschulkindern arbeiten. Kontakt über www.kulturzimmer.de. Frederik Göke ist erreichbar unter 0176 23426477 oder mail@frederikgoeke.com.

(sabi)
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