Lesung in Nettetal Franzosen und Deutsche: eine schwere Liebe

Nettetal · „Mr. Tagesthemen“ Ulrich Wickert stellte in der Werner-Jaeger-Halle sein neues Buch über Frankreich vor

 Der frühere Tagesthemen-Moderator und Schriftsteller Ulrich Wickert las jetzt in der Lobbericher Werner-Jaeger-Halle.

Der frühere Tagesthemen-Moderator und Schriftsteller Ulrich Wickert las jetzt in der Lobbericher Werner-Jaeger-Halle.

Foto: Knappe, Jšrg (jkn)

Aus Erbfeinden sind nach leidvollen Jahren Freunde geworden, die einander nur schwer verstehen. So hat „Mister Tagesthemen“ Ulrich Wickert, der als Diplomatensohn auch in Frankreich aufwuchs, sein jüngstes Buch nach einem Tucholsky-Zitat benannt: „Frankreich muss man lieben, um es zu verstehen“.  Das stellte er zum Auftakt der Herbst-Literaturtage in Nettetal vor. Sein Fazit: Den protestantisch geprägten Deutschen ist das Handeln der katholisch grundierten Franzosen noch immer ein Rätsel.

Die Deutschen müssten lernen, dass sich die Franzosen seit dem verlorenen Krieg 1870/71 in einer Identitätskrise befinden: der Nimbus der Armee war dahin, verlangsamtes Bevölkerungswachstum, Bedeutungsverlust der französischen Sprache. Zudem habe es die privilegierte und korrumpierte Funktionselite übertrieben: „Wir haben genug von dieser Sippschaft da oben.“ Mit Macron gebe es  endlich wieder einen Präsidenten, den die Franzosen auch als König betrachten können, sagte Wickert.

In seinem „Sittengemälde der V. Republik“ streifte er nicht nur den großzügigen Umgang unserer Nachbarn mit den liaisons amoureuses der Staatsoberhäupter, er beschäftigte sich auch mit ihrer sprichwörtlichen Liebe zum Essen und Trinken. Im Gegensatz zum früheren Staatspräsidenten Sarkozy, der ein Essen mit US-Präsident Obama auf zwölf Minuten reduzierte, hielt Wickert bei seiner Lesung die Länge eines Staatsbanketts voll ein.

Seine Gäste in der Werner-Jager-Halle genossen das literarische Menü sichtlich.

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