Nettetal Strommast ist eine Todesfalle für Greifvögel

Nettetal · Angela Köster beklagt tote Jung-Bussarde unter Überlandleitungen in Schaag. Die zuständigen Stadtwerke Nettetal geben ein Versäumnis zu und versprechen Abhilfe.

 Angela Köster zeigt einen Strommast der Überlandleitung in Schaag, an dem bereits einige Greifvögel zu Tode kamen.

Angela Köster zeigt einen Strommast der Überlandleitung in Schaag, an dem bereits einige Greifvögel zu Tode kamen.

Foto: Joachim Burghardt

Ein seltenes Schauspiel: "Es ist für mich faszinierend zu beobachten, wie ein Mäusebussard-Pärchen seine zwei Jungen im Horst an unserem Wäldchen aufzieht", erzählt Angela Köster aus Schaag. Doch dann kommt das jähe Ende eines kurzen Vogellebens: "Ein junger Mäusebussard kam am Strommast zu Tode", klagt die Naturfreundin. Nicht zum ersten Mal hat sie junge Greifvögel tot unter der Freilandleitung Rieth nahe der Brachter Straße gefunden.

Morgens und abends geht sie am Wäldchen, "diesem kleinen Paradies", auf ihrer Hunderunde vorbei. Schon im vergangenen Jahr entdeckte sie einen Jungvogel tot unterm Strommast — und nun wieder: "Der Anblick tut einem richtig weh." Angela Köster fordert deshalb, an der "tödlichen Falle Strommast" Schutzmaßnahmen zu ergreifen, die längst überfällig sind. Strommasten stellten immer schon Todesfallen für Greifvögel, Eulen oder Störche dar.

"Vor allem die Jungvögel nutzen so einen Mast als Ansitz, um von da in den Horst zu fliegen", weiß Marcus Heines vom Naturschutzbund (Nabu) Krefeld-Viersen. Berühren die Vögel mit ihren großen Schwingen zwei Leitungen, lösen sie einen Kurzschluss aus — und sterben. Besonders eine Art ist dabei gefährdet: der Bussard. Er baut sein Nest gern hoch auf einem Baum am Waldrand, zieht dort bis zu vier Junge groß. Und genau diese für den Vogel gefährliche Konstellation findet sich am Riether Wäldchen: Strommasten in unmittelbarer Nähe des Waldrands und damit des Horstes.

Angela Köster hat sich per E-Mail unter anderem an die Stadt Nettetal und an den Nabu gewandt. Mit Fotos von den toten Bussarden hat sie das Problem dokumentiert. Marcus Heines wundert sich: "Eigentlich müssten nach dem Bundesnaturschutzgesetz seit letztem Jahr die Masten durch die Stromanbieter gesichert sein." In NRW galten mehr als 60 000 Strommasten als für große Vögel gefährlich.

Bis 2008 wurden zunächst die Masten in Vogelschutzgebieten gesichert. Und nach dem Bundesnaturschutzgesetz mussten die Stromanbieter bis Ende 2012 dann alle Masten etwa durch Isolatoren und Ummantelungen "vogelsicher umrüsten", erklärt Heimes. Die Maßnahmen wurden zwischen Netzbetreibern und Naturschutzverbänden abgestimmt. Zuständig in Nettetal sind die Stadtwerke.

An der Leuther Straße in Kaldenkirchen, wo die Stadtwerke ihren Sitz haben, reagiert man überrascht, als die Stadtverwaltung die E-Mail von Angela Köster an sie weiterleitet. "Eine sehr bedauerliche Ausnahme" nennt Norbert Dieling die Todesfälle der Bussarde. Der Stadtwerke-Geschäftsführer: "Wir haben im vergangenen Jahr noch 40 000 Euro investiert, um alle Strommasten in Nettetal zu sichern." Fast alle: "Nur ausgerechnet diese Masten nicht", gibt Dieling das Versäumnis zu und nennt als Grund: "Sie werden nämlich wegen der Verkabelung in dem Gebiet bis Jahresende eh abgeschaltet."

Die dringend notwendige Maßnahme soll nun möglichst bald durchgeführt werden, verspricht Dieling: "Die nächste Brut der Mäusebussarde ist durch Strommasten nicht mehr gefährdet." Angela Köster atmet auf: "Wenn die Stadtwerke Wort halten, bin ich beruhigt", sagt die Schaagerin.

(jobu)
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