Mönchengladbach Weihnachtsbonus für Verkehrssünder

Mönchengladbach · Als der 18-Jährige seinen Platz auf der Anklagebank einnahm, verzog der Mönchengladbacher keine Miene. Nachdem die Jugendrichterin ihre Entscheidung verkündet hatte, verließ der jugendliche Verkehrssünder den Gerichtssaal mit einem strahlenden Lächeln. Die Hand des Angeklagten umklammerte den Führerschein, den er nur ein paar Tage vor der Gerichtsverhandlung erworben hatte.

Was war geschehen ? Der Tischlerhelfer war am 1. Mai mit dem Motorroller der Mutter von der Polizei geschnappt worden. Einen Führerschein konnte er nicht vorzeigen. Wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis musste er sich jetzt vor der Jugendrichterin verantworten. Insgesamt siebenmal hatte man ihn in den letzten drei Jahren ohne Fahrerlaubnis erwischt. Meistens war er allerdings mit frisierten Mofas ertappt worden. Diesmal hatte der junge Mann die frühere Freundin nach Hause gebracht. „Wir hatten den Zug verpasst. Da musste ich doch fahren“, gab der 18-Jährige verlegen zu.

Die Mitarbeiterin der Jugendgerichtshilfe schilderte die schwierige Kindheit des jünger wirkenden Angeklagten. Er ist bei seinen Großeltern aufgewachsen. „Als die Großmutter starb, fiel er als Schulverweigerer auf“, so die Jugendgerichtshilfe. Eine Lehre und Berufsförderlehrgänge brach er ab. „Vor Gericht musste er sich jedesmal allein als Verkehrssünder verantworten“, ergänzte die Mitarbeiterin der Jugendgerichtshilfe ihren Bericht. Danach war es im Gerichtssaal klar, dass der Angeklagte diesmal nicht ohne Arrest davonkommen kann. Da stand der der 18-Jährige auf und erklärte voller Stolz: „Inzwischen habe ich eine Fahrschule besucht.“ Dann legte er der staunenden Richterin den vor ein paar Tagen erworbenen Führerschein auf den Tisch. „Eigentlich hat er einen Arrest verdient“, hieß es im Gerichtssaal. Bei einer erneuten Verurteilung wären aber sechs neue Punkte im Flensburger Verkehrsregister fällig. „Da müsste der Angeklagte den begehrten Führerschein gleich wieder hergeben“, waren sich Richterin und Staatsanwalt einig. Am Ende stellte das Gericht das Verfahren ein. Der Tischlerhelfer muss 60 Stunden gemeinnütziger Arbeit leisten und darf den neuen Führerschein behalten. „Das ist Ihr Weihnachtsbonus“, machte die Jugendrichterin dem 18-Jährigen klar, der sein Glück kaum fassen konnte.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort