Mönchengladbach Schützenfenster aus Bleiglas

Mönchengladbach · Für das Oberlicht am Neusser Schützenmuseum wurde in der Mönchengladbacher Glaswerkstatt von Rudolf Pongs ein bleiverglastes Fenster gefertigt. Der künstlerische Entwurf stammt von dem Maler Heribert Münch.

Karl Hans Arnold übergibt das Schützenfenster
27 Bilder

Karl Hans Arnold übergibt das Schützenfenster

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Am Anfang steht immer der Entwurf. Eine Zeichnung, zumeist in Farbe, damit die ersten Ideen von Farbwirkung unter Lichteinfall schon mal ein Bild ergeben. Für das Neusser Schützenfenster hat der Maler Heribert Münch zu Aquarellfarbe gegriffen und Glaskünstler Rudolf Pongs als Vorlage ein fertiges Bild geliefert.

Schon an diesem ersten Punkt könnten sich die Geister scheiden: Der Künstler will womöglich etwas, was der Glasmaler nicht umsetzen kann. Münch und Pongs entpuppten sich als gutes Team. Der Maler nahm den Rat des Fachmanns gerne an, und dieser wusste wiederum aus seiner langjährigen Arbeit in der Herstellung von künstlerischen Glasarbeiten, wie weit er gehen kann. Herausgekommen ist ein Werk, das ästhetisch und thematisch dem Charakter des Anlasses entspricht und dank seiner Herstellungsart fast schon Ewigkeitswert hat.

Seit kurzem ist das Schützenfenster nun im Neusser Schützenmuseum an der Oberstraße zu bewundern. Gestiftet wurde es von der Mediengruppe RP, deren Vorsitzender der Geschäftsführung, Karl Hans Arnold, Ehrengast beim Neusser Schützenfest war.

Seit Mitte des 12. Jahrhunderts

Pongs' Empfehlung, das Schützenfenster in der traditionellen Handwerkskunst der Bleiverglasung zu fertigen, fußt auf einer langen Tradition. Schon in der Spätantike wurden farbige Fenster mit Bleiruten eingefasst — wenn auch nicht aus ästhetischen, sondern aus praktischen Gründen: Die Fläche für das einfallende Licht konnte so vergrößert werden. Seit Mitte des 12. Jahrhunderts gibt es konkrete Beschreibungen der Glasmacher- und -malertechniken, deren einzelne Schritte weitgehend auch heute noch ihre Gültigkeit haben.

Bei der Mischung der Farbe und auch bei der Auswahl des Glases konnte Rudolf Pongs allerdings auf weit mehr Möglichkeiten zurückgreifen als seine Vorgänger. Nur in einem Punkt aber hat sich nichts geändert: Die Glasfarben sind stark bleihaltig. "Blei ist ein Flussmittel", erklärt Pongs, der wie seine Mitarbeiter einmal im Jahr auf Bleiwerte im Blut getestet wird ("bislang aber ohne Probleme"). Aber ohne Blei ließen sich die Glasfarben kaum verarbeiten. Schutzmasken und Handschuhe gehören daher genauso zum Handwerkszeug von Pongs und seinen zehn Mitarbeitern wie Winkelmesser, Borstenpinsel, Glaschneider oder Schleifstein.

Mit kleinen Farbproben auf Glasträgern — fein gerieben aus Pigmenten, Wasser und Gummiarabicum — näherte sich der Glasfachmann den Vorstellungen des Künstlers. Der musste sich allerdings damit abfinden, dass etwa für die blonden Haare einer Frauenfigur Silber-Gelb angemischt wurde. "Denn sie müssen leuchten und trotzdem transparent sein", erklärt Pongs. Gemeinsam entschieden sie aber, dass Münch im Vordergrund des Neusser Schützenfensters großflächiger arbeiten musste, um für den Bleiriss "Farbflächen vernünftig abgrenzen zu können", wie Pongs sagt. Die eingefügten H-Profile aus Blei sind übrigens so weich, dass sie nur gebogen werden müssen. Mit dem Pinsel wird in der Regel flüssiger Kitt zwischen Bleirand und Glasfläche gerieben, der Bleirand festgedrückt und das Ganze dann mit Sägespänen gereinigt.

Doch ist das schon der letzte Schritt der Fertigung. Zuvor stehen noch drei Brände an, müssen erst Glasmaterial und -platten ausgesucht und zugeschnitten, weiße Flächen mit Flusssäure herausgeätzt, Farben aufgetragen oder "ausgewischt" werden. Das Schützenfenster besteht in großen Teilen aus Überfangglas, dessen zwei Schichten aus einem Grundkörper aus klarem Glas und einem andersfarbigen Farbglas bestehen. Mundgeblasen wird es, ist von besonderer Leuchtkraft, "und wird immer noch so hergestellt wie im Mittelalter", wie Pongs erklärt.

5000 verschiedene Glasfarben werden den Fachwerkstätten heute angeboten, aber kaum eine hat die immer auf Vorrat. Dafür werden dann auch die kleinsten Reste noch aufbewahrt — mit der Folge, dass sich in Pongs' Regalen kleine, große und mittlere Glasscheiben in Rot, Blau, Türkis, Grün, Gelb ... nur so aneinanderreihen. Wobei Glas nicht gleich Glas ist. Da gibt es das Goethe-Glas (ohne jede Schliere oder Blase) oder auch das E.A. — Echt Antik. Das wird vor allem für Kirchenfenster gebraucht.

Die Restaurierung von sakralen Fenstern ist für den Glasgestalter Rudolf Pongs, der seine Werkstatt seit 20 Jahren an der Karstraße hat, ein wichtiges Standbein. Doch auch wenn es für ihn jedes Mal wieder eine Herausforderung ist, sakrale Motive zu restaurieren oder sogar zu rekonstruieren (so hat er viele im Krieg zerstörte Fenster des Kölner Doms nachgebaut) — die Arbeit am Neusser Schützenfenster steht dem in Nichts nach. "Es ist einfach schön, zwischendurch ganz direkt mit einem Künstler zusammenzuarbeiten und zeitgenössische Kunst in Glas umzusetzen", sagt er.

(RP/rl)
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