Konzert in Mönchengladbach Johannes-Passion mit holprigem Start

Mönchengladbach · Peter Rembold, Sänger der Christus-Partie, verspätete sich wegen eines Motorschadens. Zu Beginn des Auftritts sprang Thomas Peter für ihn ein. Das Konzert wurde zu einem großen Erlebnis für die vielen Zuhörer in der Hauptkirche.

 Dicht gedrängt saßen und standen die Orchestermitglieder und die Sänger in der Rheydter Hauptkirche.

Dicht gedrängt saßen und standen die Orchestermitglieder und die Sänger in der Rheydter Hauptkirche.

Foto: Hans-Peter Reichartz

Aufführungen der großen Oratorien in der evangelischen Hauptkirche haben einen ausgezeichneten Ruf. In diesem Jahr fand das Karfreitagskonzert vor vollen Bankreihen mit Bachs hervorragend wiedergegebener Johannes-Passion statt.

Dabei stand der Beginn unter keinem guten Stern, passierte doch genau das, was auf keinen Fall passieren darf - dass zu Beginn ein unentbehrlicher Mitwirkender fehlt. Pfarrer Stephan Dedring behielt seinen Humor, als er auf einen entscheidenden Unterschied aufmerksam machte. Der biblische Christus, teilte er den Zuhörern mit, habe problemlos über Wasser gehen können. Peter Rembold, der Sänger der Christus-Partie, sei dagegen aufgrund eines Motorschadens zur Immobilität verdammt und müsse erst abgeholt werden.

Um die Verspätung in Grenzen zu halten, tat man das einzig Richtige und fing schon einmal mit dem Eingangschor an. Und weil Rembold auch danach noch fehlte, übernahm Thomas Peter die ersten Christus-Worte. Der Bariton, in Rheydt kein Unbekannter, kennt auch diese Partie genau. Vor zwei Jahren war er damit in der Hauptkirche zu hören.

Auch ein Orchestermitglied kam mit Verspätung. Dass unter solchen Umständen erst einmal eine spürbare Nervosität über der Aufführung lag, ist keinem vorzuwerfen. Im Gegenteil, es verdient große Anerkennung, wie gut alle Beteiligten mit der Situation fertig wurden. Und so verringerte sich die immense Anspannung auch bald; die Zuhörer durften eine dichte, mitreißende Aufführung genießen.

Hätte Bach zu seiner Zeit sein Werk einer Gleichstellungsstelle heutiger Prägung vorlegen müssen, hätte er wahrscheinlich wegen einer zur geringen Quote der Frauen-Arien mit einer ernsthaften Rüge rechnen müssen. Die beiden Gesangssolistinnen, Laura Zeiger (Sopran) und Eva Marti (Alt) verfügten zwar nicht über so durchsetzungsfähige Stimmen wie die beiden Baritone (Thomas Peter und Peter Rembold). Aber sie überzeugten beide durch ihren einfühlsamen, lyrischen Vortrag.

Peter und Rembold entfalteten, vor allem in den mittleren und höheren Lagen, nicht nur eine beachtliche Stimmkraft. Beide steuerten auch eine gehörige Portion Dramatik bei. So zum Beispiel, als Thomas Peter als Pilatus klar stellte: "Was ich geschrieben habe, das habe ich geschrieben." Das trug er so vor, dass kein Zweifel aufkommen konnte: Hier ist jeder Widerspruch zwecklos. Mit einem lebendigen, dramatischen Vortrag beeindruckte auch der Tenor Robert Reichinek als Evangelist.

Der große Erwachsenenchor, die Kantorei der Hauptkirche, wurde noch erweitert durch den Rheydter Knaben- und Mädchenchor. Damit wurde zwar einerseits die Dominanz der hohen Stimmen im Chor erhöht. Andererseits gewann der Gesamtklang dadurch an jugendlicher Frische. Eine wuchtige Dynamik steckte in den Turba-Chören. Die von Bach so meisterhaft musikalisch dargestellte Hysterie der aufgebrachten, vor Hass blinden Volksmasse ging unter die Haut. Tadellos, auch mit souveränen solistischen Leistungen, agierte das Orchester der Hauptkirchenkonzerte.

Für den schönen Erfolg zeichnete als Dirigent wie gewohnt Udo Witt verantwortlich, der neben der Leitung auch noch die Continuo-Begleitung am Orgel-Positiv übernahm.

Nach einem Moment der konzentrierten Stille gab es den verdienten, lang anhaltenden Beifall.

(-tr)
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