Mönchengladbach Mit dem Sparkurs leben lernen

Mönchengladbach · Mit seinem Kollegen Martin Bauer teilt sich der Kirchenmusiker Michael Postel den Dienst in der Gemeinschaft der Gemeinden Mönchengladbach-Ost. Seit fast 20 Jahren spielt Postel in Hermges, seit 2006 auch in Hardterbroich und Lürrip die Orgel.

Der 51-jährige Michael Postel hat zu manchen Fragen, die katholische Kirchenmusiker umtreiben, seine ganz besonderen Ansichten. Der leidenschaftliche Radfahrer, 1959 in Rheydt geboren, ist seit 1982 in Diensten des Bistums Aachen in Mönchengladbach. Nach zehn Jahren in Eicken (St. Maria Rosenkranz) wechselte Postel 1992 nach Hermges.

Dass er keine Vollstelle hat, sieht Postel eher entspannt: "Es hat Vorteile, wenn man im Team arbeiten, einander vertreten, sich verläasslich absprechen kann." Die Arbeit teilt er sich mit seinem Kollegen Martin Bauer. Wie dieser hat sich der dreifache Familienvater von inzwischen erwachsenen Kindern ein zweites Standbein gesucht. Er fand es in der Leitung weltlicher Chöre.

"Meine Arbeit wird fair bezahlt"

Und so kann Postel für sich feststellen: "Ich bin zufrieden mit meiner Situation, ich bekomme von der Kirche die Arbeit, die ich leiste, fair und ohne Abstriche bezahlt. Das können Leute, die sich selbstständig machen, nicht durchgehend von sich behaupten."

Dass er weiß, wovon er redet, wird klar, wenn Postel Erlebnisse aus seiner musikpädagogischen Arbeit berichtet. Daher sieht er gar keinen Anlass zur Kritik an der arbeitsrechtlichen Situation der Kirchenmusik in seiner GdG. Dass die Kirche sparen müsse – übrigens wie jede Kommune auch – sei hinzunehmen. "Besser sparen als immer weiter frohgemut Schulden machen", kritisiert Postel "die Politiker".

Wo der Spaß bei Michael Postel aufhört: "Die mancherorts zunehmende Tendenz, notwendige Arbeitskräfte, angefangen bei Reinigungskräften über Personal in Pfarrbüro und Sakristei, Hausmeister bis hin zum Kirchenmusiker durch ehrenamtlich arbeitende Kräfte zu ersetzen, ist ein Unding", betont der 51-Jährige. Dabei sollte es doch gerade Aufgabe der Kirche sein, gerechte Arbeit fair zu entlohnen", meint Postel.

Den Sängerinnen und Sängern des 31-köpfigen Kirchenchores St. Josef – Durchschnittsalter 56 – möchte der Chorleiter gern vermitteln, dass sie durch ihre Tätigkeit nicht nur private Zeit "opfern", sondern auch etwas für ihr eigenes seelisches und soziales Heil gewinnen. "Einmal gesungen ist so gut wie dreimal gebetet", meint der Kirchenmusiker, der am Düsseldorfer Schumann-Institut studiert hat.

Was ihm Sorge bereitet, ist die beobachtete fortschreitende Entchristlichung des öffentlichen Lebens. Das spiegelt sich auch im nachlassenden Engagement junger Menschen für kirchliche Belange. "Als ich 1992 hier in Hermges anfing, brauchte ich nicht viel zu tun, um 29 Kinder für den Kinderchor zu gewinnen. Heute besuche ich sechs Grundschulen unserer GdG, werbe für den Chorgesang, verteile Anmeldezettel – und wenn's hoch kommt, melden sich danach drei Kinder, die mitmachen wollen", erzählt Postel. In St. Bonifatius (Hardterbroich) sei der Kinderchor inzwischen aufgelöst. Trocken konstatiert der nachdenkliche Musiker: "Die Nachfrage, der Bedarf an Kirche ist eben leider gesunken."

Seine Dienstbelastung hat Postel einmal für das Jahr 2010 nachgerechnet. "Ich spiele im Durchschnitt 1,37 Messen am Tag, das waren 349 Gottesdienste an 255 Arbeitstagen." So wird klar, wieso Postel daran dieses Resümee knüpft: "Ich fühle mich nicht so sehr als Künstler, sondern ich bin gerne Kirchenmusiker, der mithilft, die Gemeinde lebendig zu erhalten."

(RP)
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