Mönchengladbach Melissa wartet auf ein neues Herz

Mönchengladbach · Seit einem Jahr ist die knapp dreijährige Melissa aus Mönchengladbach Tag und Nacht mit einem Kunstherzen verkabelt. Ohne die Maschine hätte das Kind keine Überlebenschance. In Bad Oeynhausen wartet das Mädchen auf eine Transplantation.

 Die Ergebnisse einer US-Studie könnte die Behandlung von Bypass-Patienten revolutionieren.

Die Ergebnisse einer US-Studie könnte die Behandlung von Bypass-Patienten revolutionieren.

Foto: ddp

Ganz fest drückt Melissa ihre Puppe an sich. "Liebe Püppi", flüstert sie. Hinter ihr ertönt unablässig ein gleichförmiges, leises Zischen. Das Geräusch kommt aus einem graublauen Kasten, mit dem das Kind durch ein durchsichtiges, rund zwei Meter langes Kabel verbunden ist. Wohin das knapp drei Jahre alte Mädchen auch geht — das Gerät muss sie begleiten. Ohne dieses künstliche Herz, an das Melissa seit fast zwölf Monaten angeschlossen ist, könnte sie nicht leben. Sehnsüchtig wartet ihre erst 18-jährige Mutter Jessica Feldbusch auf ein Spenderherz für ihre Tochter - gemeinsam mit den Fachleuten im Herz- und Diabeteszentrum in Bad Oeynhausen, in das Melissa am 8. Juli vergangenen Jahres eingeliefert wurde. Die Diagnose: Herzmuskelentzündung. Eine Krankheit, die in jedem Alter auftreten kann und oft aus heiterem Himmel kommt. In ihrer extremsten Form führt sie unweigerlich zum Tode — wenn nicht rechtzeitig ein passendes Ersatzorgan gefunden wird.

In Melissas ersten beiden Lebensjahren hatte nichts auf ihre spätere Erkrankung hingedeutet. Als sie am 1. September 2007 zur Welt kam, war sie ein kerngesunder Säugling. "Ich war glücklich über die Geburt meines Kindes", sagt ihre Mutter Jessica heute. "Auch wenn ich damals mit 15 Jahren noch sehr jung war." Zusammen mit ihrem Baby wurde sie von ihrer Familie in Mönchengladbach, den Eltern und vier Geschwistern, aufgenommen. Melissa entwickelte sich wie jedes andere Kind. Doch zwei Monate vor ihrem zweiten Geburtstag, im Sommer 2009, litt das bis dahin quicklebendige Mädchen plötzlich unter starken Magen- und Darmbeschwerden. "Melissa wurde ganz matt, sprang nicht mehr so fröhlich herum wie vorher, wollte nur noch im Bett liegen."

Jessica ließ ihre Tochter im Elisabeth-Krankenhaus untersuchen. Dort wurden die Ärzte schnell fündig: Das Kind war an einer "Myokarditis" erkrankt, einer Herzmuskelentzündung, die durch eine Infektion mit Viren entstanden war, die auch schon das Herz angegriffen hatten. Diese heimtückische Krankheit hat einen sehr unterschiedlichen Verlauf. Meist heilt sie ohne Folgen aus, manchmal hinterlässt sie eine dauerhafte Herzrhythmusstörung, die mit Medikamenten gut behandelt werden kann. Sie kann sich aber auch zu einer tödlichen Bedrohung entwickeln — dann nämlich, wenn der Herzmuskel so stark geschädigt wurde, dass das lebenswichtige Organ nicht mehr genügend Kraft hat, um alleine zu arbeiten. Die Betroffenen sind dann, so wie Melissa, schnell erschöpft, leiden unter Kurzatmigkeit und Schwächegefühl, klagen über Herzrasen und Schmerzen in der Brust. Dann kann es innerhalb weniger Tage oder Wochen zu einem tödlichem Herzversagen kommen, oder auch die anderen Organe wie Niere und Leber stellen ihre Arbeit ein, weil sie nicht mehr mit genügend sauerstoffreichem Blut versorgt werden. "Wenn die Krankheit so weit fortgeschritten ist, hilft nur noch eine Herztransplantation", erklärt Professor Dr. Deniz Kececioglu, Direktor der Klinik für angeborene Herzfehler/Kinderkardiologie im Herz- und Diabeteszentrum.

Für Melissa ist ein Spenderherz die einzige Chance. Doch bisher warteten das Kind, ihre Mutter und die Ärzte vergeblich auf ein passendes Organ. Auf der Warteliste der Stiftung Eurotransplant steht Melissa ganz oben. "Das Herz darf aber nur von einem Kind kommen, das nicht schwerer als 25 Kilogramm ist, sonst wäre es zu groß", sagt Kececioglu. Um die Wartezeit zu überbrücken, musste Melissa an ein künstliches Herz angeschlossen werden. Daher ist sie seit mehr als 300 Tagen mit diesem großen, unförmigen Metallkasten verkabelt, der etwa die Größe einer Geschirrspülmaschine hat. "Mit dem künstlichen Herzen könnte Melissa noch viele Monate lang leben", sagt Professor Kececioglu.

"Ich hoffe inständig, dass wir nicht mehr lange auf ein neues Herz für meine Tochter warten müssen", sagt Jessica Feldbusch. Sie fiebert dem Augenblick entgegen, in dem ihr die Ärzte die gute Nachricht überbringen: "Wir haben ein neues Herz für Ihr Kind!"

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort