Mönchengladbach Kandidaten ohne Chance?

Mönchengladbach · Sie treten für Grüne und FDP als Direktkandidaten an. Würden sie gewählt, käme das einem kleinen Wunder gleich. Davon lassen sich Hajo Siemes, Jo Schroers (Grüne), Andreas Terhaag und Oliver Faller (FDP) jedoch nicht entmutigen. Wir stellen die vier Kandidaten vor.

Das sagen die Landtagskandidaten aus Mönchengladbach
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Foto: ddp

HAJO SIEMES (BÜNDNISGRÜNE)

Wenn es einen Preis für einen echten Grünen gäbe, Hajo Siemes wäre in der engeren Wahl. Denn der 63-Jährige lebt seine Ansichten als Pazifist und Umweltschützer konsequent. Dabei scheut er sich nicht, der eigenen Partei einen Denkzettel zu verpassen.

So wie 2001, als er, der Vorzeigegrüne, sein Ratsmandat niederlegte und sich für einige Zeit aus der Politik zurückzog — aus Protest, weil die Grünen dem Bundeswehreinsatz in Afghanistan zugestimmt hatten. Siemes kehrte zurück und ist nach 2005 in diesem Jahr wieder Spitzenkandidat für die Landtagswahl im Wahlkreis 49.

Die Grünen sind froh darüber: "Hajo" können sie ihren Wählern immer präsentieren. Denn Siemes ist ehrlich, geradlinig und das, was man einen Überzeugungstäter nennt. Dabei hat der gebürtige Grefrather (Kreis Viersen) einst eine andere Richtung eingeschlagen. Er war Industriekaufmann, führte beim Textilunternehmen Grevelour sogar eine Abteilung. Mit 27 Jahren schwenkte er um.

Siemes studierte Sozialpädagogik und widmete sich der Jugendarbeit. Als Jugendbeauftragter im Bistum Aachen kümmerte sich der Giesenkirchener um benachteiligte junge Menschen und sorgte als Leiter der Jugendeinrichtung Ökomühle dafür, dass Jugendliche ohne Berufsabschluss eine Perspektive fanden. Als das Bistum die Ökomühle schloss, stieg er aus dem Job aus. Auch dabei mit fast schon brutaler Konsequenz.

Politisch fand er seine Heimat zunächst in der Friedensbewegung, gehörte 1981 zu den ersten Grünen in der Stadt und kam 1989, 1994 und 1999 dreimal in Folge in den Stadtrat. 1999 war er OB-Kandidat, 2005 kandidierte er erstmals für den Landtag. Der engagierte Umweltschützer hält auch zu Hause an seinen Werten eisern fest: Im Haus, in dem er mit Ehefrau Helga (55) lebt, erzeugt eine Photovoltaikanlage Strom, Solarzellen wärmen das Wasser, Regenwasser wird genutzt, und einen Gemüsegarten gibt's auch. Siemes' Hobby: Sport.

Er ist Handball-Schiedsrichter, trainierte Handballerinnen, spielt Tennis und fährt Rad. Die Kinder Thorsten (28) und vor allem Nikola (26) treten in seine Fußstapfen. Die Tochter ist Sozialpädagogin, aktiv in der Eine-Welt-Arbeit und Mitglied der Grünen Jugend. Und wer weiß: Vielleicht heißt die grüne Landtagskandidatin 2015 — Nikola Siemes.

OLIVER FALLER (FDP)

Ausgerechnet ein SPD-Mann hat Oliver Faller zur FDP gebracht. Nach der Bundestagswahl 1998 verfolgte der gebürtige Rheydter Faller intensiv die Politik Gerhard Schröders und ärgerte sich. "Er war ja sehr medienpräsent, aber ich finde nicht, dass er viel für Deutschland erreicht hat", sagt der 36-Jährige. Damals stand Oliver Fallers Entschluss fest. Er wollte in die Politik. Nur welche Partei?

Der damals 24-Jährige guckte sich alle Programme an, um sich dann — "gut Ding will Weile haben" — 2001 für die FDP zu entscheiden. Das versetzte sein Umfeld in ziemliches Erstaunen. "Ich glaube, ehrlich gesagt, dass die meisten in meiner Familie nicht FDP-Wähler sind", sagt der Rheydter. Oliver Faller aber hatte im Parteiprogramm der Liberalen die meisten Übereinstimmungen mit seinen Ansichten gefunden.

Er engagierte sich, wurde 2006 zum Bezirksvorsitzenden der Jungen Liberalen gewählt und blieb es, bis er "über die biologische Klippe sprang", spricht zu alt für die Jugendorganisation wurde. 2008 wurde er Vorsitzender des FDP-Ortsverbandes Rheydt, dann der erste Vorsitzende des neuen Ortsverbandes Süd.

Jetzt kämpft Oliver Faller als Landtagskandidat für die FDP. Mit seinem Listenplatz 56 hat er keine Chance auf einen Einzug ins Parlament. "Da müsste schon das ganz Land Gelb wählen", scherzt er. Trotzdem nimmt er den Wahlkampf ernst. "Ich kämpfe nicht für meine Person, ich kämpfe für die FDP", sagt Faller.

Der 36 Jahre alte Industriemeister hat im Moment auch andere Pläne, als Landespolitiker zu werden. Neben seinem Beruf im Schichtdienst hat er mit 32 Jahren noch ein BWL-Studium begonnen. Und das will er auch beenden. Ein weiteres Lebensziel: eine Familie gründen.

Der Mann ist bodenständig. Er liebt Rheinischen Sauerbraten, den der leidenschaftliche Koch auch gerne selbst in seiner gut ausgestatteten Küche zubereitet. Zu seinen Stärken zählt Faller, "dass ich mich nicht überschätze." Großmannssucht bei anderen findet er zum "Fremdschämen", auch "wenn solche Leute häufig weiter kommen".

Und seine Stärken? "Ich kann mich in Dinge verbeißen." Oliver Faller sagt von sich selbst, dass er sich immer wieder motivieren könne, bis er sein Ziel erreicht habe.

JO SCHROERS (BÜNDNISGRÜNE)

Er tritt im Wahlkreis 50 an, und da hat er es zu tun mit Norbert Post (CDU), Angela Tillmann (SPD) und Andreas Terhaag. Der Direktkandidat der Bündnisgrünen ,Jo Schroers, sieht der Landtagswahl am Sonntag mit Gelassenheit und Optimismus entgegen. "Ich habe ein gutes Gefühl", sagt der 48-Jährige. "Wir werden gut abschneiden."

Keine Chance bei der Stadt

Jo Schroers machte an der Hochschule Niederrhein 1992 ein Doppel-Diplom — als Sozialpädagoge und als Sozialarbeiter. Anschließend absolvierte er sein Anerkennungsjahr beim Jugend- und beim Sozialamt der Stadt. Er wurde — als einziger von 14 Anwärtern — nicht übernommen. "Ich habe erst viel später im Vertrauen von einem Dezernenten erfahren, dass ich als Grüner zu dieser Zeit bei der Mönchengladbacher Stadtverwaltung überhaupt keine Chance hatte."

Schon 1980 hatte Jo Schroers sich der grünen Politik verschrieben. "Ich war in der Friedensbewegung sehr aktiv." on 1985 wurde er zum Kreiskassierer gewählt ("Ich kann mit Zahlen und mit Geld umgehen") und zehn Jahre später zum Landesschatzmeister. Seitdem hat der unverheiratete Jo Schroers einen Fulltime-Job im nordrhein-westfälischen Landesvorstand.

Sollte er am Sonntag zum Landtagsabgeordneten gewählt werden, lägen seine Schwerpunkte im Bereich der Kommunalen Finanzen und der Daseinsvorsorge. Für ihn ist sicher: "Die schwarz-gelbe Mehrheit muss gebrochen werden", sagt er. "Das Chaos in der Sozial- und Schulpolitik, die dauernden ökologischen Blockaden — Nordrhein-Westfalen hat besseres verdient."

Nach seinen Hobbys gefragt, sagt er: "Keine." Dann überlegt er kurz und meint: "Doch im Moment habe ich ein Hobby, das mich sehr beansprucht, ausfüllt und sehr viel Spaß macht: Direktkandidat der Grünen für den Landtag zu sein."

ANDREAS TERHAAG (FDP)

An der Fachhochschule in Köln machte Andreas Terhaag während seines Ingenieurstudiums eine wichtige Beobachtung. "Es gab linke Vertreter, aber in der Mitte gab es keine und auch rechts nicht. Also fragte ich bei den Liberalen einfach nach, warum das denn so ist. Und man sagte mir: ,Dann gründe du doch einfach eine liberale Hochschulgruppe.'" Gesagt, getan. Terhaag gründete mit sechs weiteren Studenten die Gruppe und wurde zugleich auch ihr Vorsitzender. "Wir waren zwar nur zu sechst, hatten aber zwölf Sitze, das war eine schöne und witzige Zeit."

Während und auch nach seinem Studium wohnte er erst in Köln und engagierte sich während dieser Zeit im Ortsvorstand. Als Referent arbeitete er für die Liberalen drei Jahre im Düsseldorfer Landtag. "Dabei habe ich sehr viel über Bildungspolitik, aber auch insgesamt über den politischen Alltag dort gelernt." Seither ist Bildung für ihn eines seiner wichtigsten Themen. So steht er für die Beibehaltung des dreigliedrigen Schulsystems.

Und im Landtag habe er noch eine wichtige Veränderung durchgemacht. "Ich bin insgesamt sozial-liberaler geworden. Und auch das Denken in der Partei hat sich in dieser Zeit geändert: Inzwischen ist man bereit, auch bei anderen Parteien nach Gemeinsamkeiten zu suchen."

Vor gut neun Jahren zog er nach Mönchengladbach, obwohl er noch bei einem Kölner Kabelanbieter als Geschäftskundenmanager arbeitet — "eine bewusste Entscheidung für meine Heimatstadt", so der 41-Jährige. Im Februar wurde der Diplom-Ingenieur ohne Gegenstimmen zum Kreisvorsitzenden gewählt und löste damit Nicole Finger ab.

Für sein großes Hobby, das Kochen, habe er in den vergangenen Wochen keine Zeit gehabt. Und auch die Zeit für seine italienische Ehefrau Silvana, seine Tochter (3) und seinen Sohn (5) sei zurzeit eher knapp. Das soll aber nach der Wahl anders werden. "Im Juni fahren wir in den Urlaub in die Türkei, um uns dort zu erholen."

(RP)
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