Mönchengladbach Beerdigung ohne Pfarrer

Mönchengladbach · Es wird immer schwieriger, für Beerdigungen einen Pfarrer zu finden. Deshalb müssen Trauernde zunehmend auf Laien als Begräbnishelfer zurückgreifen. Das akzeptieren nicht alle Angehörigen.

Martha Wilms* ist traurig und verärgert. Ihr Mann ist gestorben und soll würdig auf dem Friedhof beigesetzt werden. Und zwar vom Pfarrer. Den aber gibt es schon lange nicht mehr in der Gemeinde. Deshalb übernimmt ein Begräbnishelfer die Aufgabe. "Mein Leben lang habe ich Kirchensteuern bezahlt, und wir sind immer in die Kirche gegangen. Da kann ich doch wohl erwarten, dass ein Priester die Beerdigung macht", sagt die Witwe.

Herzlicher Händedruck

Anne Purrio kennt solche Vorbehalte. Sie arbeitet seit einem Jahr im Begräbnisdienst der Gemeinschaft der Gemeinden (GdG) Rheydt-West. Etwa zwanzig Beerdigungen hat sie seitdem gestaltet. "Es kam einmal vor, dass die Hinterbliebenen unbedingt einen Pfarrer wollten und sauer waren, als ich mich bei ihnen anmeldete", sagt sie. Nach der Beerdigung wurde sie mit einem herzlichen Händedruck und netten Worten belohnt. "Ein schönes Gefühl", sagt sie.

Ein Jahr lang ist sie von GdG-Leiter Pfarrer Michael Schicks auf diesen sensiblen Dienst gründlich vorbereitet worden. Erst nach einigen Hospitationen bei Bestattungen durfte sie selbst den Begräbnisdienst übernehmen. "Meine erste Beerdigung war die schlimmste", sagt die Mutter von vier Kindern. "Ich war schrecklich aufgeregt und dachte, ich würde es nicht schaffen."

"Anfangs gab es deutliche Proteste gegen die Laien im Begräbnisdienst", sagt Pfarrer Michael Schicks. Aber das habe sich im Laufe der Zeit gewandelt. "Die Menschen mussten sich an die neuen Strukturen gewöhnen. Von ihrem Herzen her hatten sie nicht damit gerechnet, dass sich in der Kirche so vieles verändern würde." Der Pfarrer bereitet schon seit vielen Jahren Laien auf den Begräbnisdienst vor. "Die Männer und Frauen, die sich für diesen Dienst entscheiden, müssen ein großes Einfühlungsvermögen haben", sagt er.

Und sie müssen lernen, den Angehörigen des Verstorbenen zuzuhören, mit deren Trauer umzugehen und die eigenen Ängste zu akzeptieren. "Auch das Sprechen vor vielen Menschen kann nicht jeder sofort." Regionaldekan Ulrich Clancett empfindet die Entwicklung als segensreich. "Wir brauchen die Laien im Begräbnisdienst", sagt er. Denn schließlich gebe es längst nicht mehr in jeder Gemeinde einen Pfarrer. Inzwischen hätten sich die Gläubigen an die neue Beerdigungskultur gewöhnt.

"Oft sind die Begräbnishelfer bekannt oder befreundet mit der Familie des Verstorbenen", sagt er. Denn fast immer wohne der Begräbnishelfer im Ort. "Man kennt sich. Und für manchen ist es einfacher, wenn er es mit einem Nachbarn zu tun hat." Da sei die Hemmschwelle niedriger, als wenn der Pastor zum Gespräch kommt. "Menschen, die sich für diesen Dienst ausbilden lassen, geben ihrem Glauben einen konkreten Ausdruck", sagt Clancett. "Sie leisten echte Hilfe." *Name geändert

(RP/rl)
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