Mönchengladbach Vier Jahre Haft für Betreuerin

Mönchengladbach · Sie kaufte Stöckelschuhe, Schmuck, Reizwäsche und Gewaltvideos: Jahrelang bereicherte sich eine Berufsbetreuerin am Vermögen von gebrechlichen Senioren. Am Donnerstag, 31. Mai, gab es dafür vom Landgericht die juristische Quittung.

 Richter Helmut Hinz sprach gestern im Landgericht das Urteil. Unter anderem hatte die Betreuerin vom Geld der Senioren Schmuck gekauft.

Richter Helmut Hinz sprach gestern im Landgericht das Urteil. Unter anderem hatte die Betreuerin vom Geld der Senioren Schmuck gekauft.

Foto: Detlef ilgner / kn

Wegen Untreue in 175 Fällen hat die Erste Strafkammer des Landgerichts nach 26 Verhandlungstagen gestern eine Berufsbetreuerin (55) zu einer vierjährigen Freiheitsstrafe verurteilt. Den als Gehilfen mitangeklagten Amtsrat und Bezirksrevisor (60) sprach das Gericht frei. Der Staatsanwalt hatte dem 60-Jährigen vorgeworfen, billigend in Kauf genommen zu haben, dass sich die Freundin an den Betreuungsfällen bereicherte. Doch der Angeklagte hatte bis zuletzt beteuert, nie etwas gemerkt zu haben. Er habe ihr lediglich bei der Buchhaltung ihrer Abrechnungen geholfen.

Noch in ihrem Schlusswort hatte die 55-Jährige wie im monatelangen Prozess beteuert: "Ich habe mich niemals an meinen Betreuten bereichert". In den Bezirken der Amtsgerichte Mönchengladbach, Rheydt und Erkelenz war die Frau für die Vermögensverwaltung ihrer oft gebrechlichen und bettlägerigen Schützlinge zuständig. Auf deren Kosten kaufte sie Waren für den täglichen Gebrauch und Luxusgegenstände, die sie jedoch für sich behielt. In den Jahren 2002 bis 2006 missbrauchte die Amtsträgerin ihre Befugnisse. Die Rechnungen über teure Corsagen für eine 90-Jährige, immer in der Größe der Betreuerin, Pumps, Schmuck, Gewaltvideos und teure Möbel legte sie anschließend den zuständigen Gerichten vor. Bei Durchsuchungen in den Wohnräumen der Angeklagten wurden später die Luxusgegenstände gefunden. Darunter war auch eine teure Gucci-Uhr. Die sei nur aus Versehen darunter geraten, hatte die 55-Jährige ungerührt erklärt. In den Heimzimmern der betreuten Personen wurden die gekauften Gegenstände nie gesehen und nie gefunden. Am Ende hatte sich das Gericht dem Antrag von Staatsanwalt Oettli angeschlossen und für die Betreuerin vier Jahre Haft verkündet.

Dem wegen Beihilfe mitangeklagten Bezirksrevisor hatte ein psychiatrischer Gutachter volle Schuldfähigkeit attestiert. Für die Luxusartikel, die die Freundin kaufte, habe sich der Angeklagte nie wirklich interessiert, aber dagegen die Einsatzfreude der Betreuerin im Beruf rückhaltlos bewundert. Ähnlich argumentierte Helmut Jennrich, der Verteidiger des Amtsrates. Sein Mandant habe weder vorsätzlich Beihilfe zur Untreue geleistet noch sich selbst an den fremden Vermögen bereichert. Der Anwalt forderte Freispruch. Dem hatte sich die Erste Strafkammer angeschlossen. Vorsätzliches Handeln sei dem 60-Jährigen letztlich nicht nachzuweisen, erklärte der Kammervorsitzende Helmut Hinz in der Urteilsbegründung. Dagegen hatte der Anwalt der Berufsbetreuerin auf Ermittlungsfehler hingewiesen und vergeblich für seine Mandantin Freispruch gefordert.

(RP/url)
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