Mönchengladbach Allein unter Männern

Mönchengladbach · Silvia Sturm liebt Motoren. Vor allem die ganz großen sollen es sein – 500 PS-Maschinen. Die 25-Jährige ist die einzige angehende Kfz-Mechatronikerin in der Lkw-Werkstatt des Entsorgungsunternehmens Drekopf. Ihre Kollegen schätzen sie.

Silvia Sturm liebt Motoren. Vor allem die ganz großen sollen es sein — 500 PS-Maschinen. Die 25-Jährige ist die einzige angehende Kfz-Mechatronikerin in der Lkw-Werkstatt des Entsorgungsunternehmens Drekopf. Ihre Kollegen schätzen sie.

Tonnenschwere Sattelschlepper fahren vorüber. Lastwagen schieben sich wie Schiffe in einem Hafen aneinander vorbei. Inmitten der Schwergewichte taucht plötzlich eine zierliche, blonde Frau auf. Sie trägt eine grüne, ölverschmierte Arbeitsuniform. Zielstrebig stolziert sie zwischen den PS-Boliden hindurch und geht zum Verwaltungsgebäude der Firma.

Silvia Sturm (25) arbeitet seit August 2008 bei der Entsorgungsfirma Drekopf. Doch sie sitzt nicht vor einem Computer und tippt Rechnungen ab oder nimmt Telefonate entgegen. Ihre Leidenschaft sind Motoren — 500-PS-Motoren. "So ein normales Auto ist doch viel zu klein", sagt sie kess. Silvia ist die einzige auszubildende Kfz-Mechatronikerin bei Drekopf. Und sie ist erst recht die einzige in der Lkw-Werkstatt des Unternehmens. Gegen 22 Bewerber konnte sie sich durchsetzen. "Wir haben gar nicht unbedingt nach einer Frau gesucht, aber sie war einfach die Beste", erinnert sich Nicole Finger, Geschäftsführerin von Drekopf.

Werkstattleiter Dieter König war zunächst skeptisch: "Ich wusste nicht genau, was ich davon halten sollte." Doch schon nach wenigen Tagen war er überzeugt: "Silvia ist gewillt und oft auch härter als die Jungs", sagt er und grinst. Von einer Männerdomäne möchte Silvia ohnehin nichts hören. Schon als Jugendliche, sagt sie, habe sie an dem Oldtimer ihres Großvaters herumgeschraubt. Ihre Eltern erzählen ihr immer, sie habe, als sie noch klein war, die Waschmaschine in alle Einzelteile zerlegt. "Daran kann ich mich aber nicht mehr erinnern", sagt die gebürtige Aachenerin. Ihre männlichen Kollegen haben ihr "Hummelchen", wie Silvia wegen ihrer Sachen Marke Hummel oft genannt wird, längst ins Herz geschlossen. Witze machen sie trotzdem. Einmal, erinnert sich Silvia, habe sie eine gelbe Sicherheitsjacke getragen. "Die Jungs haben dann nur 'Geiles Oberteil!' gerufen. Aber das meinen die nie böse."

Ihre dreckigen Hände, die verschmutze Arbeitskleidung und kleine Ölflecken im Gesicht zeigen, Silvia liebt ihre Arbeit. Auch ihr Chef ist begeistert: "Ich lasse sie schon viel machen", sagt König. Manchmal sei Silvia sogar alleine in der Werkstatt. So kamen an einem Tag gleich mehrere Lastwagen rein. Der Hof von Drekopf war überfüllt. In solchen Situationen rennt Silvia auch schon mal zu den Fahrern und dirigiert die großen Transportmaschinen über das Gelände. "Natürlich gucken die Fahrer manchmal blöd, aber dann sind sie eigentlich immer brav", amüsiert sich die 25-Jährige. Dass Silvia aber immer noch eine Lady ist, zeigt sich, als sie in den Aufenthaltsraum der Firma kommt. Mit einem Handgriff stülpt sie eine Tüte über ihren Stuhl und setzt sich. "Damit die nicht dreckig werden", erklärt sie.

Im Januar ist Silvias Ausbildung vorbei. Angst vor der Prüfung hat sie aber nicht. "Das klappt schon." Ob sie danach auch übernommen wird? Ein kurzer Blick zu Nicole Finger. Alle lachen. "Die Leute, die wir selber ausbilden, wollen wir eigentlich auch immer bei uns haben", sagt Finger. Und auch Dieter König gibt kopfnickend seine Zustimmung.

(RP/rl)
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